Die Pressesprecherin: Mit’ner coolen Socke unterwegs
Herzogpark, beste Münchner Gegend. Villen, Generalkonsulate, Anwaltskanzleien. Thomas Mann hat hier gelebt und seinen Hund Bauschan ausgeführt. Heute mittendrin: der Hanser-Verlag. Christina Knecht blickt von ihrem Büro aus ins Grüne, in die Herzog-Albrecht-Anlage. Und das ist nicht der einzige Grund, warum ihr der Arbeitsplatz gefällt.
„Ich habe alles, was ich will: die Bücher, die Autoren und die Welt da draußen“, sagt die Leiterin der Hanser-Pressestelle. „Für mich ist das der schönste Platz im Verlag.“ Nun ist Verkaufen das tägliche Geschäft einer Pressesprecherin, und man muss nicht jeden Superlativ auf die Goldwaage legen. Aber Knechts Begeisterung, dieses Urteil traut man sich dann doch zu, ist echt.
20 bis 30 neue Bücher bringt der Hanser-Literaturverlag pro Halbjahr heraus, darunter viele Bestseller, Nobel- und Pulitzerpreisträger. Orhan Pamuk, Patrick Modiano, Herta Müller, Umberto Eco, Philip Roth, Susan Sontag, Colson Whitehead, Barack Obama – sie alle sind oder waren Hanser-Autoren. Mit einigen von ihnen hat Knecht eng zusammengearbeitet. An die rechte Wand ihres Büros hat sie Fotos ihrer „Lieblinge“ gepinnt. Seit 24 Jahren ist sie bei Hanser, leitet ein sieben- bis achtköpfiges Team.
Knecht kommt aus der schwäbischen Provinz, aus Crailsheim. Bücher waren von klein auf ihre große Leidenschaft, auch wenn sie keinem literaturaffinen Elternhaus entstammt. Als sie eine Cousine der Mutter besuchte, die eine Buchhandlung hatte, kam sie erstmals auf den Gedanken, aus der Leidenschaft einen Beruf zu machen. Es folgten eine Ausbildung zur Verlagsbuchhändlerin bei Reclam, ein Studium der Germanistik und Literaturvermittlung in Bamberg und ein paar Jahre bei Rowohlt in Hamburg. „Da habe ich die Pressearbeit kennengelernt und gemerkt, das ist genau mein Ding.“
Aber dieses „Ding“, was ist das eigentlich? Was macht die Pressesprecherin eines Verlages? Versuchen wir es mit einer Metapher: Wenn die Lektorin einem Buch Geburtshilfe geleistet hat, so begleitet es die Pressesprecherin bei seinen ersten Schritten dort draußen in der weiten Welt. „Der Erfolg eines Buches braucht ein großes Konzert, idealerweise über alle Medien und Kanäle“, sagt Knecht. Natürlich kennt sie sie alle, die für Literatur zuständigen Redakteurinnen und Redakteure in den Kulturressorts, weiß um ihre Vorlieben: Wer ist Romanist? Wer hat eine Faible für amerikanische Literatur, wer steht gar auf Lyrik? Knecht ist in engem Austausch mit den Journalisten in den Feuilletons, den Lokalzeitungen, dem Rundfunk. „Natürlich schauen wir heute auch genau auf alles, was im großen, weiten Web passiert, ob das jetzt die Blogger sind oder redaktionell betreute Seiten.“
Aber enger noch als zu den Medien pflegt die 61-Jährige den Kontakt zu ihren Autoren. In dem Moment, in dem ein Buch tatsächlich auf die Welt komme, spreche man sich ab, was man dem Neugeborenen nun Gutes tun kann. In welchen Medien wünscht man sich Besprechungen? Wer könnte an einem Interview interessiert sein? Sind Buch und Autor talkshowtauglich? Wie sieht es mit Lesereisen aus? Mit Signierstunden?
Die meisten Autoren hätten verstanden, dass es „part of the game“ sei, Öffentlichkeitsarbeit auch selbst zu betreiben. So wie Star-Autor T.C. Boyle. Im Mai erscheint sein neuer Roman auf Deutsch: „Blue Skies“. Im Juni kommt er auf Lesereise. Mit ihm unterwegs: Christina Knecht. Seit 24 Jahren betreut sie den Amerikaner, weiß genau, was sie ihm zumuten kann. Die schönsten und größten Säle hat sie schon gebucht. Minutiös ist im Zeitplan festgehalten, wann das Taxi in Berlin vor dem Hotel steht, wo in München das Mittagessen mit dem Verleger stattfindet oder welche Interviews der Schriftsteller in Wien gibt. Stress für die Pressesprecherin? Ach, was: Vorfreude! „Er ist wirklich eine coole Socke. Ich kenne niemanden, der so entspannt, so authentisch und seinem Publikum zugewandt ist wie T.C. Boyle.“ Dominik Baur
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