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Die „Placebo-Behörde“ jault

■ Präsident des Bundesgesundheitsamtes weist Vorwurf industriefreundlicher Entscheidungen zurück / Kein „böser Wille“ bei Zusammenarbeit mit Asbest-Lobbyisten

Berlin (taz) - Der Präsident des Bundesgesundheitsamts (BGA), Prof. Dr. Dieter Großklaus, bat gestern „um ein bißchen Zeit“ für eine Bewertung des Vorwurfs unzulässiger Einflußnahme der Asbest-Branche auf das BGA-Institut für Wasser-, Boden- und Lufthygiene (WaBoLu). Großklaus sagte, den Ergebnissen einer Untersuchung des Bundesrechnungshofes könne nicht vorgegriffen werden. Dieser war kürzlich beauftragt worden, die Verfilzung des WaBoLu mit einem gleichnamigen Verein der Industrie zu durchleuchten. Während Gesundheitsministerin Süssmuth „nach jetzigem Erkenntnisstand zweifelsfrei keine Beeinflussung“ durch die asbestverarbeitende Industrie sehen will, vermochte Großklaus „überhaupt keinen bösen Willen“ in der Zusammenarbeit mit dem Lobbyisten-Verein zu erkennen. Gelder seien weder von dem Industrieverein, noch von der Firma Eternit, noch vom Verband der asbestverarbeitenden Faserzement-Industrie in den Etat des BGA oder des WaBoLu -Instituts geflossen. Zu Fragen nach der Höhe von Reisekostenzuschüssen für Wissenschaftler und nach Sachmittelspenden der Industrie schwieg sich der BGGA -Präsident aus. Hier gibt jetzt vorliegende Antwort auf eine Kleine Anfrage der Bundestags-Grünen Aufschluß. Danach gewährte der Förderverein WaBoLu-Forschern für Reisen von 1982 bis einschließlich 1987 insgesamt 21.520 Mark.

Generell wies Großklaus beim gestrigen „Hintergrundgespräch“ den Vorwurf zurück, das BGA habe als „Placebo„-Behörde zahlreiche einseitig industriefreundliche Entscheidungen getroffen und könne die Industrie nicht wirkungsvoll kontrollieren. Nach seiner Darstellung stimmten die BGA-Vertreter im Ausschuß für Gefahrstoffe auch für ein endgültiges Verbot der Asbest-Verarbeitung.

Thomas Knauf

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