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■ Das PortraitDie Paket-Hilfe

„Ten in One“, hieß der Fachausdruck. Kaffee, Kakao, Schokolade, Tee, Speck, Leberpastete, Schmalz, Rosinen, Reis, Konfitüre, das war der Inhalt eines Care-Pakets, das entweder einen Soldaten der US-Armee zehn Tage oder aber zehn GIs einen Kampftag lang ernähren sollte. Als der Krieg zu Ende ging, saßen die USA auf ungeheuren Mengen solcher „combat rations“. Im verwüsteten Europa drohten Hungeraufstände, Seuchen und die Kommunisten. So entstand die Organisation Care, die „Cooperative American Remittance to Europe“. Es war ein Zusammenschluß von 26 US-amerikanischen Hilfsorganisationen.

Heute vor genau 50 Jahren unterzeichnete General Clay für die US-Militärregierung in Deutschland mit dieser Organisation den Vertrag, daß auch die Besiegten Hilfsgüter bekommen können. Die erste Schiffsladung traf im Juli 1946 in Bremen ein, bis Januar 1947 wurden etwa fünf Millionen für Deutschland bestimmte Pakete entladen.

Anfangs durften die Care- Pakete, die in den USA bezahlt worden waren, noch nicht an einzelne Empfänger in Deutschland adressiert werden. Dies wurde erst ab 15. Janaur 1947 möglich, nachdem in einem Viermächteabkommen die Versandbedingungen in allen vier Besatzungszonen geregelt worden waren. Ab diesem Zeitpunkt finanzierten die Aktion Amerikaner, die Freunden oder Verwandten Lebensmittelpakete schenken wollten. Sie kauften Gutscheine und die Deutschen, für die die Pakete bestimmt waren, erhielten sie aus einem der vielen Lager.

Von der ersten Liebesladung im Juli 1946 bis zum Ende ihrer Tätigkeit in Deutschland am 30. Juli 1960 wurden fast zehn Millionen Pakete im Gesamtwert von 400 Millionen Mark verteilt. Dazu Kleidung für rund 14 Millionen Mark und Bücher, Werkzeuge, landwirtschaftiche Geräte für 3,5 Millionen Mark.

Care hatte das Bild der Deutschen von den Amerikanern geändert. Corned beef, Kaugummi, Lucky Strike, das war der goldene Westen. Viele vergaßen die Amerikanisierung durch humanitäre Gaben nie. Als in den großen Automobilmetropolen Ende der siebziger Jahre Hunderttausende durch Rationalisierung ihre Arbeit verloren und die amerikanischen Hilfsorganisationen kollabierten, waren es Deutsche, die für „Care for America“ Pakete für Arme, vor allem schwarze Familien, sammelten. Anita Kugler

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