piwik no script img

Die PDS

■ Eine Programmkritik

Nach dem Studium des Programms der PDS möchte ich einige (mir wesentlich erscheinende) Grundsätze zusammenfassen: Der kapitalistische Charakter der modernen Gesellschaften, die Herrschaft des Kapitals beziehungsweise die Dominanz des privatkapitalistischen Eigentums sind ursächlich verantwortlich für die Gefährdung der menschlichen Zivilisation und Kultur, den militaristischen Charakter der internationalen Beziehungen, die Krise der globalen Ökosphäre und das Elend vor allem auf der südlichen Hemisphäre sowie für die zerstörerische Entwicklungslogik der Menschheit. Der Ausweg besteht in der Vergesellschaftung von Eigentum, das – ebenso wie das private Eigentum (das möglich bleiben soll) – in den Dienst der Bedürfnisse der Menschen zu stellen ist.

Sprachlogisch haben die verwendeten Formulierungen zwei gemeinsame Merkmale: 1. Die Formulierungen sind sehr abstrakt. 2. Die Verantwortlichkeit von Menschen für ihr Handeln wird negiert!

Beispiel: „die zerstörerische Entwicklungslogik der Menschheit“

a) Eine Entwicklung kann nicht logisch sein. Nur Gedanken von Menschen können logisch oder unlogisch sein.

b) Logik kann nicht zerstörerisch sein. Zerstörerisch sind diejenigen, die dem Aralsee die Wasserzufuhr und somit den Fischen und Fischern die bisherige Lebensgrundlage entzogen haben. Menschen sind verantwortlich für die Austrocknung des Aralsees, nicht die Logik!

Beispiel: „der kapitalistische Charakter der modernen Gesellschaften ist verantwortlich“, „militaristischer Charakter der internationalen Beziehungen“

a) Gesellschaften oder internationale Beziehungen können keinen Charakter haben! Es gibt immer nur konkrete einzelne Menschen, die einen besseren oder schlechteren Charakter haben [...].

b) Verantwortlichkeit: „Der kapitalistische Charakter der modernen Gesellschaft“ (was auch immer mit dieser Abstraktion gemeint ist) kann niemals verantwortlich sein für die Zerstörung der Ökosphäre. Ich behaupte, daß nur wir Menschen verantwortlich sind für die Folgen unseres Handelns (zum Beispiel sind für die Ausrottung des Kaspischen Tigers oder für die atomare Verseuchung bei Tschernobyl konkrete Menschen verantwortlich und nicht „ein kapitalistischer Charakter der modernen Gesellschaften“).

Beispiel: „Herrschaft des Kapitals“

Kapital kann nicht herrschen! Herrschaft ist ein Begriff, der ein zwischenmenschliches hierarchisches Verhältnis beschreibt. Nur derjenige (oder diejenige...) herrscht, der mir gegenüber eine Forderung hat und mich im Falle der Nichterfüllung ernsthaft mit Freiheitsentzug, Nahrungsentzug oder Gewalt bedroht. [...] Herrschaft ausüben können also nur die Kapitalbesitzer (was ja vielleicht auch gemeint ist, wenn die Abstraktion „Herrschaft des Kapitals“ verwendet wird)! [...] Nach meiner persönlichen Meinung vertreten zwar die Regierungsparteien CDU, CSU und FDP vor allem die Interessen der Kapitalbesitzer („der Besserverdienenden“); ich bestehe jedoch darauf, daß in unserer Gesellschaft nicht die Kapitalbesitzer, sondern die wahlberechtigten deutschen Erwachsenen (ab ihrem 18. Lebensjahr) letztlich herrschen. Sie waren es, die die oben genannten Parteien mehrheitlich und mehrmals gewählt und als Regierungsparteien bestätigt (beziehungsweise als Nichtwähler toleriert) haben.

[...] Theoretisches Fazit: Die Dominanz des Privateigentums ist ursächlich verantwortlich für Militarismus, Elend und ökologische Probleme. Nach den Gesetzen der Logik gilt nun folgendes: Wenn ich die Dominanz des Privateigentums beseitige, dann kann es keinen Militarismus, kein Elend und keine ökologischen Probleme mehr geben! Wenn ich diese Logik im Programm der PDS ernst nehme, dann stehe ich bei vielen Fragen vor einem Rätsel: Warum hat China Tibet besetzt? Warum haben viele Menschen in Rumänien im Elend gelebt? Warum ist der Aralsee ausgetrocknet? Warum hatte Rußland die baltischen Staaten besetzt? Warum gab es den Stalinismus? Warum wurde das Gebiet um Tschernobyl atomar verseucht?... Helmut Späker, Borken

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen