Die Objekte der Begierde

Als sich die Beatles 1962 mit „Love me do“ erstmals in Mädchenherzen einbrannten, waren sie auch nur eine Boy Group. An den vier Pilzköpfen zelebrierten West- und Mitteleuropas Mädchen erstmals fordernd, daß es ein mysteriöses Leben nach der Kindheit und vor dem Standesamt gibt. Die erste Retortenband im Fahrwasser der Liverpooler waren 1966 The Monkeys. Die vier US-Boys gaben den Briten mit „I'm a believer“ eine gute Konkurrenz ab. Allein: Die Mädchen hörten sofort mit jedweder Emphase auf, als sich herausstellte, daß ihre Manager sämtliche Tonspuren von anderen Musikern aufnehmen ließen. Das nächste Objekt der Begierde waren nicht die Rolling Stones – die waren sexuell zu eindeutig. Statt dessen konzentrierten sie sich auf die Brüder Gibb: The Bee Gees. „Massachusetts“ war einen Sommer lang eine Art Jerusalem der Girls. In den Siebzigern buhlten die britischen Formationen Bay City Rollers („Bye Bye Baby“) und die Rubettes („Sugar Baby Love“) um die Gunst der wunden Herzen eines ganzen Mädchenjahrgangs. Beide Bands mußten abdanken, nachdem ihre – wie bei Boy Groups üblich vorwiegend proletarischen – Fans volljährig wurden. Eine deutsche Jungsband wurde 1978 auf dem Reißbrett kreiert. Die Berliner Teens kreischten „Gimme, Gimme, Gimme“ und versanken wieder in der Versenkung – gewogen und für zu albern befunden. Das Lied kennt heute keiner mehr, doch ihre Frisuren fanden Nachahmer: hinten kurz, vorne lang – die Vokuhila war geboren. 1984 schließlich Wham! Sexy George Michael und der andere stachen die echten Jungs bei den Mädchen ganz locker aus. „Wake me up before you go-go“ war das Banner eines ganzen Jahrzehnts. 1988 starteten die Plattenfirmen den wahren Goldrausch um Boy Groups: New Kids On The Block aus den USA waren die ersten („You got it“), danach kam der große Rest: Take That 1991 bis 1996 („Could It Be Magic“), East 17 1993 mit „Westend Girls“, Caught In The Act 1994 mit „Take Me To The Limit“, Bed & Breakfast mit „If You Were Mine“, sowie dieses Jahr die Backstreet Boys mit „We've Got It Goin' On“. Und 1997? ‘N Sync. Sind das die Helden der jetzt noch Siebenjährigen? Der Bravo-Geschmacksgeheimdienst verrät: Die Chancen stehen glänzend.