Die Modenschau von Claudius Prößer: Weird scenes on Lütke’s necktie
Wenn man überlegt, was Engelbert Lütke Daldrup („ELD“) von seinen Vorgängern auf dem BER-Chefsessel unterscheidet, fällt einem auf, wie unprätentiös der Mann ist. Seine Anzüge sitzen nicht wie angegossen, und trotz der gewählten Sprache (statt des deutschen „roundabout“ sagt er „praeter propter“) nuschelt er ein bisschen, was bei Pressegesprächen daran liegen kann, dass sein Interesse gerade einem Schinkenbrötchen gilt. Aber wer liefert, kann auf den schönen Schein pfeifen.
Die Krawatte, die Lütke zum Richtfest des Terminals T2 locker am Hals trug, gab aber doch Rätsel auf. So wie Johannes Vogel, Leiter des Naturkundemuseums, Ameisen oder Blumen auf dem Schlips spazieren trägt, hätte man hier etwas Luftfahrttechnisches erwartet.
Stattdessen ein Design zwischen Hundertwasser, Chagall und Janosch, Wimmelbild und Quilt. Was will der spröde Technokrat damit sagen? Liegt eine versteckte Botschaft in der abgebildeten Szene?
Sehen wir genau hin: Ein Vogel (eindeutig kein Kranich) hat einen Mann mit weißem Hütchen gepackt und trägt diesen – offenbar gegen dessen Willen – durch die Luft. In den Käfig, der ihm entgegengehalten wird? Das bleibt unklar. Wir könnten diese „Entführung“ als Chiffre für Lütkes Werdegang sehen. Mit Flugzeugen hatte der Stadtplaner nichts am Hut (!) – bis die Pflicht rief.
Von links ragen Bein und Arm ins Bild, die Hand hält einen Gegenstand, der ein Zepter oder eine Rassel darstellen könnte. Wird hier auf Lütkes Vorgänger Hartmut Mehdorn angespielt? Den Fuß will der Unbekannte auf eine blau gewellte Fläche setzen. Obwohl Figuren darauf zu stehen scheinen, handelt es sich offenbar um Wasser. Ins Wasser fiel am BER schon manches.
Schließlich das weiße Rechteck, das am Horizont über dem Wasser schwebt. Hier hilft eine cineastische Assoziation: In „The Truman Show“ (1998) stößt der Protagonist nach einer Bootsfahrt auf eine Tür, durch die er seine Scheinwelt verlassen kann. Es könnte ELDs Traum sein: Projekt abschließen und raus. Er arbeitet dran.
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