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Die Magie verwesender Videos

■ „Videopoems“von Betty Leirner im Schauspielhaus

Ein Paar führt einen Dialog in Walsprache, und ein Gedicht des deutschen Romantikers Clemens von Brentano wird in Japanisch gesungen: in den Videos von Betty Leirner begegnen sich Bruchstücke einer globalen Kultur. Die in Hamburg lebende Brasilianerin hat 1981 ihr Filmstudium in Sao Paulo abgeschlossen und widmet sich seitdem in ihren künstlerischen Arbeiten dem doppelten Paradox, mit magischer Logik das Unsichtbare darzustellen.

In einer Werkschau von mehr als zwanzig Videopoems aus den letzten sechs Jahren besteht heute erstmals die Möglichkeit, sich in die eigenartig hermetische Welt dieser Künstlerin entführen zu lassen. In ihrem Verständnis geht es nicht nur um die Poesie der Darstellung, schon die Mittel selbst sind für sie poetisches Material. So versteht sie den Bildschnitt als „philosophische Modalität des Austausches“oder das Videoband als „verwesbare magnetische Haut undefinierbaren Aussehens, die die Augenblicklichkeit ermöglicht“.

Ernste Kinder sind zu sehen, die Objekte demonstrieren, die zwar durchsichtig sind, aber deshalb noch lange nicht einsichtig. Worte aus vielen Sprachen bieten zur Interpretation wechselnde Kontexte an. Gesten ohne bekannte Bedeutung verweisen auf die spontane Sinnerzeugung durch surreale Konfrontationen wie die eines Seepferdchens mit einem Fenstergriff.

Es ist eine Welt, in der sich zwischen den Gegenständen und den Personen ein Spalt auftut, in dem eine tiefere Bedeutung möglich sein könnte. In der Differenz zwischen dem inszenierten Verhalten und der eigenen Erfahrung entstehen Leerräume, die die anfängliche Ratlosigkeit des Betrachters zu einer neue Wahrnehmungen führen. Töne von Schubert bis zur brasilianischer Flötenmusik begleiten dabei Leirners poetischen Weg.

Hajo Schiff Heute, 23 Uhr, Nachtkantine im Deutschen Schauspielhaus

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