Die Macher von Kreuz.net: Gaystapo und SS-Spiegel
Ein Berliner Verlag sammelt Hinweise zu den Machern der Hetzseite Kreuz.net und übergibt der Staatsanwaltschalt nun eine Liste von fünf Verdächtigen.
HAMBURG taz | Mit dem kriminellen Milieu kommen Buchverlage normalerweise nur dann in Berührung, wenn sie Fiktionales oder Nonfiktionales zum Thema veröffentlichen. Dass ein Verlag bei der Fahndung nach realen Kriminellen eine maßgebliche Rolle spielt, ist ungewöhnlich. Dennoch hat sich eine entsprechende Kampagne des Bruno Gmünder Verlag gegen die neonazistische Plattform kreuz.net jetzt bereits als Erfolg erwiesen.
Vor einem Monat hatte der Verlag aus Berlin-Schöneberg, in dem unter anderem die Lifestyle-Zeitschrift Männer erscheint, eine Belohnung von 15.000 Euro für Hinweise ausgesetzt, die zu den Hintermännern des Portals führen (die taz berichtete). Anlass für die Aktion war ein strafrechtlich relevanter Hetzartikel gegen den verstorbenen homosexuellen Komiker Dirk Bach.
Ein Teil der beim Verlag eingegangenen Hinweise erwies sich als derart substantiell, dass der Theologe David Berger, der die Aktion koordiniert, und die Rechtsanwältin Sissy Kraus sich am Dienstag mit der Berliner Staatsanwaltschaft treffen konnten. Spiegel Online berichtet, sie hätten der Behörde eine Liste von fünf Verdächtigen übergeben.
Der Verlag kann nicht nur auf die auf Privatinitiative basierenden Vorermittlungsergebnisse verweisen, sondern auch darauf, dass mittlerweile 23.500 Euro für die Aktion „Stopp kreuz.net“ zusammen gekommen sind (Stand: Mittwochvormittag). Offiziell firmiert kreuz.net als Portal für „katholische Nachrichten“, aber man findet dort verfassungsfeindliche Inhalte vieler Art; der Holocaust wird regelmäßig geleugnet.
Der Vatikan denkt ähnlich
Dazu gesellen sich radikalkonservative Texte, die juristisch unbedenklich sind. Die Deutsche Bischofskonferenz hat sich zwar von kreuz.net distanziert. Philip Saß, Betreiber des Watchblogs „Episodenfisch“, der in erster Linie das im Vergleich zu kreuz.net gemäßigte Portal kath.net im Blick hat, meint aber, man müsse „nicht lange suchen, um grundlegende Positionen von kreuz.net ähnlich in offiziellen Papieren des Vatikan zu finden“.
Die fünf Verdächtigen, die auf der Liste des Bruno Gmünder Verlags stehen, sind allesamt Mitarbeiter der katholischen Kirche, darunter ein in diesem Jahr pensionierter Religionslehrer aus dem hessischen Hadamar. Die übrigen Verdächtigen stammen aus der Schweiz und Österreich.
Wie kreuz.net tickt, zeigt die Reaktion auf den aktuellen Spiegel-Online-Bericht zur Übergabe der Recherchen an die Staatsanwaltschaft. „Gaystapo“, „Homo-Faschismus“, „SS-Spiegel“ - so lauten die Schlagworte. Dass es Nazis gibt, die ihre Gegner als Nazis bepöbeln, ist nicht völlig neu. Allzu viele neue braune Kameraden dürfte man mit der Strategie aber nicht gewinnen.
Der Host Provider von kreuz.net sitzt in den USA. Verurteilen könnte man die Macher hier zu Lande aber durchaus. 2000 hat der Bundesgerichtshof in einem Grundsatzurteil entschieden, dass ein australischer Holocaust-Leugner nach deutschem Strafrecht zur Rechenschaft gezogen werden kann, obwohl das Leugnen des Holocausts in Australien nicht verboten ist. Maßgeblich dafür, ob deutsches Strafrecht angewendet werden kann, ist demnach, ob die volksverhetzerischen Inhalte in Deutschland abrufbar sind.
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