piwik no script img

■ Spanien: ETA-Anschlag auf den Flughafen in ReusDie Logik des Krieges

Die Kommandoerklärung wird ausfallen wie immer in solchen Fällen: Eine kurze Entschuldigung bei den Opfern, ein Seitenhieb auf die Polizei, sie habe zu spät geräumt, und dann seitenlange Erfolgsmeldungen der heldenhaften „Sommerkampagne“ gegen touristische Einrichtungen. So war es vor dem Anschlag auf den Flughafen von Reus, wenn es unvorhergesehen zu Menschenopfern kam, so wird es auch weiterhin sein. Ehrliches Bedauern und tiefgreifendes Umdenken hat in der Denkstruktur der ETA-Führung keinen Platz. Was zählt, ist Stärke um jeden Preis – schließlich herrscht ja Krieg. Und das Ziel ist klar: Verhandlungen mit der spanischen Regierung, und zwar ohne Vorbedingungen. Daran läßt die ETA keinen Zweifel.

Als die Gruppe vor ein paar Wochen einen einwöchigen Waffenstillstand ausrief, schien sich tatsächlich etwas zu bewegen. Verhandlungen ja, aber nur wenn die ETA einen Gefängnisbeamten, der sich seit sechs Monaten in ihrer Gewalt befindet, freiläßt, lautete die Antwort von offizieller Seite. Die Basken hielten den Atem an: ein friedlicher Ausweg aus dem Konflikt, der bisher 800 Menschen das Leben gekostet hat? 85 Prozent empfahlen der ETA bei einer Umfrage, darauf einzugehen, weit über zwei Drittel waren es selbst bei den Anhängern der ETA-nahen Wahlkoalition Herri Batasuna. Die ETA kehrte trotzdem zu den Waffen zurück. Vielleicht schaffen ja noch mehr Bomben die Vorbedingungen vom Tisch.

Paradoxerweise scheint sich Innenminister Jaime Mayor Oreja bei der Kraftprobe wohl zu fühlen. Er reist durch die Weltgeschichte und bringt flüchtige mutmaßliche Etarras nach Hause oder unterschreibt Auslieferungsabkommen. Das ist sein Job, sicherlich. Doch wie andere Konflikte in- und außerhalb Europas zeigen, gehört es ebenfalls zu den Aufgaben eines Innenministers, die Fühler auszustrecken und geheime Gesprächskanäle aufrechtzuerhalten. Und genau hier brüstet sich Mayor Oreja damit, alles, was er von seinem sozialistischen Vorgänger geerbt hat, abgebrochen zu haben, darunter vielversprechende Kontakte mittels des argentinischen Friedensnobelpreisträgers Pérez Esquivel. Noch mehr Polizei soll gegen die gewalttätigen Aktionen der ETA helfen. Naivität oder auch Kriegslogik? Reiner Wandler

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen