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Die Linkspartei und ihr HausDie Zentrale

Wer die Linkspartei verstehen will, muss ihre Bühne kennen: Das Berliner Karl-Liebknecht-Haus. Die Geschichte einer umkämpften Immobilie.

Die Bühne der Linkspartei: Das Karl-Liebknecht-Haus in Berlin. Bild: ap

Im November 1994, die PDS steht wegen einer Steuerforderung von 67 Millionen D-Mark kurz vor dem Aus, entscheiden sich die Parteivorderen Lothar Bisky, Dietmar Bartsch und Gregor Gysi, in den Hungerstreik zu treten. Gegenüber dem Karl-Liebknecht-Haus in Berlin-Mitte, der Zentrale der Partei, schlagen die drei ihre Liegen auf.

Ihr Protest hat Erfolg. Die Partei überlebt – und es gelingt, das Karl-Liebknecht-Haus samt seinen Nutzern hinüber in die neuen politischen Verhältnisse zu retten. Die Immobilie bleibt in Parteibesitz. Tage, die identitätsstiftend waren für die PDS.

Dass die Partei das Karl-Liebknecht-Haus als „rechtmäßig erworbenes Eigentum“ behalten durfte, ist vor allem das Verdienst von Dietmar Bartsch. Als Schatzmeister hat er elf Hausdurchsuchungen mitgemacht, zwei in seiner Privatwohnung. „Sie kamen früh, und es war dunkel, als sie wieder gingen“, erinnert er sich an die Einsätze im Karl-Liebknecht-Haus. Die deutsche Polizei besetzte die Berliner Parteizentrale - diese Nachricht ging um die Welt.

Öffnung gen Westen

Wenig später, im Herbst 1994, zieht die PDS mit 30 Abgeordneten erstmals in den Bundestag ein. In die Berliner Zentrale kommen die ersten Westler. „Für die waren wir auf einmal attraktiv", erinnert sich Dietmar Bartsch, „die haben versprochen, den Westaufbau schnell voranzubringen.“

Bild: taz
sonntaz

Diesen und viele weitere spannende Texte lesen Sie in der sonntaz vom 11./12. November. Am Kiosk, eKiosk oder gleich im Wochenendabo. Und für Fans und Freunde: facebook.com/sonntaz.

Es war eine erwünschte Öffnung gen Westen, die Parteistrategen wollten die PDS aus der Ostlerecke herausführen. Dennoch, selbst der Stratege Bartsch hatte „manchmal das Gefühl: Wer aus dem Westen kam, wurde kniend empfangen.“ Eine linke Partei, die sich mit den Unterdrückten der Erde solidarisiert – aber ein Problem mit Leuten von jenseits der Elbe hat. Gesamtdeutsche Ironie.

2007 ging die PDS in der gesamtdeutschen Partei Die Linke auf. Und in die Zentrale kamen nun die Neuen von der WASG. Zu den Vorsitzendenduos gehörten nun Oskar Lafontaine, Klaus Ernst – und seit Juni dieses Jahres der Schwabe Bernd Riexinger. Zusammen mit Katja Kipping soll er die Partei befrieden. Die beiden residieren im vierten Stock der Zentrale. Ob Karrieresprung oder Schleudersitz, das wird sich zeigen.

Wie die Zentrale von der KPD gekauft und von den Nationalsozialisten besetzt wurde und wie das Karl-Liebknecht-Haus zu einem unscheinbaren Bürogebäude wurde, lesen Sie in der Ganzen Geschichte „Die stumpfe Ecke“ in der sonntaz vom 10./11. November 2012. Am Kiosk, eKiosk oder gleich im Wochenendabo. Und für Fans und Freunde: facebook.com/sonntaz.

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7 Kommentare

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  • PW
    Philipp Wohlfeil

    1994 gelang der Wiedereinzug unter regulären Bedingungen, aber dem Bundestag gehörte die PDS bereits seit dem 3. Oktober und auch nach den Wahlen am 2. Dezember 1990 an.

  • S
    sonne

    Stimmt. Ohne Ironie und Häme. Nur Verachtung durchzieht die Zeilen des Berichts in der Papierausgabe, so sehr dass ich mich enttäuscht frage: Was suchte die Autorin am Ort? Nur die Bestätigung ihrer Vorurteile? Warum stellt ihr dafür die taz die beiden Premiumseiten ihrer Wochenendausgabe zur Verfügung?

     

    "09.11.2012 15:03 Uhr

    von Egbert Hamm:

    Die Zentrale

    Erfreulich, daß (auch) dieser Bericht ohne Ironie und Häme auskommt. So bin ich gespannt auf die Fortsetzung in der sonntaz. Egbert Hamm (parteilos;-)"

  • M
    mimi-kri

    @Heiko:

    . . . der Ewiggestrigen - so, so.

     

    Extreme Fortschrittsgläubige sind eben doof - träumen sie ihre Kapitalismusträume weiter und von blühenden Landschaften!

     

    Immer schön Mittelmaß bleiben, dann kann auch nix passieren und man kann bei Bedarf . . . .

  • D
    DerDemokrator

    @Heiko

     

    Wie sie meinen. |-O

     

    Sind schon ziemlich extreme Positionen die

     

    Wohnraum bezahlbar

    Mindestlöhne

    keine Militäreinsätze

    und Abschaffung von Hartz4

     

    fordern und sowieso völlig illusorisch.

     

    Ciao

    DerDemokrator

  • K
    Kopfschüttler

    @ Heiko,

     

    ein Haus,besonders eins mit solch bewegter Vergangenheit

    als "Refugium der Ewiggestrigen" zu bezeichnen ,könnte

    man auch getrost als eine gewisse Abart von Extremismus

    bezeichnen.

  • H
    Heiko

    Diese Haus ist ein Refugium der Ewiggestrigen ... .

    Extreme Positionen von Links und Rechts sind eben doof.

  • EH
    Egbert Hamm

    Die Zentrale

     

    Erfreulich, daß (auch) dieser Bericht ohne Ironie und Häme auskommt. So bin ich gespannt auf die Fortsetzung in der sonntaz. Egbert Hamm (parteilos;-)