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■ Interview: Horst Bossong„Die Leute leben noch“

taz: Warum wurde das Methadon-Programm in Hamburg 1990 eingeführt?

Horst Bossong: Weil man endlich zu der Erkenntnis gekommen war, daß Abstinenzprogramme nicht das alleinige Mittel der Drogenhilfe sein können.

Was sind die Erfolge?

Als Erstes: Die Leute, die substituiert werden, leben noch. Ihr gesundheitlicher Zustand hat sich drastisch verbessert. Zum Beispiel ging die Neuinfektion bei Hepatitis deutlich zurück. Zum andern ist die Abbrecherquote mit 10 bis 20 Prozent im Vergleich zu den klassischen Abstinenzprogrammen sehr gering. Die ersten 10 bis 20 Prozent sind abstinent – nach internationalen Erfahrungen ein außerordentlich gutes Resultat.

Auch im Hinblick auf soziale Stabilisierung?

Ja, die Suchtkranken sind wieder fähig, sich sozial zu integrieren. Auch ging die Kriminalität deutlich zurück.

Was würde es bedeuten, die liberaleren Richtlinien gegen strengere auszutauschen?

Dann würde ein Großteil der Bedürftigen dazu gezwungen, sich die Methadonbehandlung gerichtlich zu erstreiten. Und daß viele Drogenabhängige damit Probleme hätten, kann man sich ja ausrechnen. Im übrigen ist das Methadonprogramm nicht liberal, sondern so wie es eigentlich selbstverständlich sein müßte. In keinem anderen Bereich ist es so, daß ein Patient erst halb tot sein muß, bevor er in ärztliche Behandlung kommt.

Wie soll es weitergehen?

Nachdem wir sechs Jahre mit Erfolg die Integration der Substitution in die Normalität der ärztlichen Versorgung erprobt haben, kann es ein Zurück in die Steinzeit der Drogensuchtbehandlung nicht mehr geben. Also sind wir alle zum Erfolg bei den Verhandlungen verurteilt.

Fragen: paf

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