: Die Lebenslüge
■ Werner Höfer war Chefpropagandist des NS–Staats
Nun ist es endlich heraus - dem Spiegel sei Dank: Fernsehstar Werner Höfer errang seine Sporen als Chefpropagandist des NS–Staats, ehe er sich demokratisierte. Er stolperte über einen gemeinen Artikel, mit dem er 1943 dem in Plötzensee gehenkten Pianisten Kreiten Schande nachrief. Dieses Meisterwerk war seit 25 Jahren bekannt, konnte aber bequem als kommunistische Fälschung abgetan werden. Vermummung auf Demonstrationen soll strafbar werden. Wer sich aber mit dem Gesicht des Ehrenmannes durch eine Lüge vermummt, gilt als unbescholten. Höfers Schreibtischtat wiegt schwer genug. Sie fast ein Menschenalter lang auf Ehre und Gewissen abzustreiten, zeugt für hartnäckige kriminelle Energie und für bejammernswerte Schwäche. Wer solche Macht hatte wie er, hätte die Wahrheit sagen können. Aber gerade die auf der Höhe der Macht starren ängstlich in die Abgründe. Am Ende läuft vor dem Applaus der Öffentlichkeit alles ineinander, faktische Macht und eingebildete, und aus diesem Brei wuchert die Lebenslüge fürs bewundernde Volk. Gegen sie hilft nur der Schock der Wahrheit. Da ist viel zu tun, vor allem für musikalische Zeitgeschichte im weitesten Sinne. Auch Karajan existiert mit vermummter und verlogener Biografie. Wer ihm echte Dokumente vorhält, wird als „Fälscher um des Profits willen“ beschimpft. Das hat Format. Macht korrumpiert zur großen, frechen und nicht enden wollenden Lüge. Fred K. Prieberg, Autor von „Musik im NS–Staat“, Fischer, 82
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen