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Archiv-Artikel

berliner in athen Die Läuferin Claudia Marx

„Ich freue mich total“, so einfach klingt es, wenn die Berlinerin Claudia Marx über ihre Teilnahme an der deutschen 4 x 400-Meter-Frauenstaffel in Athen spricht. Für die 25-jährige Berlinerin ist die Fahrt nach Athen die erste Olympiateilnahme. Und sie ist die Erste, die sich für die 400-Meter-Staffel der Frauen qualifiziert hat. Selbst ihre sonst stets im Vordergrund laufende Kollegin vom SC Magdeburg, Grit Breuer, muss sich erst noch für die deutsche Frauenstaffel gegen die anderen Kandidatinnen des Deutschen Leichtathletikverbandes durchsetzten. „Das wird Tränen geben“, sagt Marx, denn sie weiß, wie hart die Konkurrenz selbst in den eigenen Reihen ist. Diesmal war sie es, die Glück hatte. Das war bisher eher selten in ihrer sportlichen Karriere.

Es war der Mai des Jahres 1998, als Claudia Marx auf dem Rückweg von einem Wettkampf in einen schweren Autounfall verwickelt wurde. Wegen sechs gebrochener Rippen und einer eingefallenen Lungenhälfte wurde sie drei Tage lang ins künstliche Koma versetzt. „Das Schlimmste damals war, dass ich mich nicht bewegen konnte“, sagt sie, „ich wurde im Krankenhaus total ungeduldig.“

Und das wundert nicht, wenn man dieser 1,72 Meter großen, blonden Frau gegenübersitzt. Sie verströmt eine Art Lebendigkeit und Energie, die Sportler zu Spitzensportlern macht – denn Leistung bis zur körperlichen Erschöpfung, sagt sie, sei für sie keine Qual. Warum aber sonst läuft man die als besonders hart eingestufte Disziplin über 400 Meter? Ist das nicht eine Art von Masochismus? „Vielleicht doch“, sagt sie, „aber wenn man im Ziel ist und es geschafft hat, entschädigen die Glückshormone einen doch für vieles.“

Vielleicht waren es auch die Glückshormone, die sie dazu brachten, 2002 trotz eines komplizierten Kieferbruchs nach einem Sturz beim Europacup in Annecy nur kurze Zeit später die Goldmedaille bei den Europameisterschaften in München mit der 400-Meter-Staffel zu holen. Trotz fehlender Wettkampfpraxis und Flüssignahrung verpasste sie das Einzelfinale über 400 Meter nur um eine Zehntelsekunde. „Mit dem Kiefergestell im Supermarkt, darüber kann ich heute lachen“, sagt sie. Über den Autounfall jedoch wird sie wohl kaum jemals lachen. „Der Glaube, dass mir schon nichts passieren wird, ist weg.“

Zahlreiche Ziele sind ihr dennoch geblieben. Schon heute freut sie sich auf die Olympischen Spiele 2008 in Peking – und sie freut sich auf die Zeiten, die sie in zwei, drei Jahren zu laufen hofft. „400-Meter-Läuferinnen“, sagt sie, „erreichen ihr Topniveau im Alter von 27, 28 Jahren.“ Woher sie die Hoffnung nimmt, dass dies auch bei ihr so sein wird? Kurz überlegt sie. Dann lacht Marx und sagt: „Seit zwei Jahren bin ich unfallfrei.“

CORNELIUS WÜLLENKEMPER