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Die Kurve gerade eben gekratzt

■ STATT-Landesparteitag: Die Basis stellt sich hinter den Vorstand / Schlappe für Markus Wegner / Krise vorerst beendet Von Silke Mertins

Der Vorstand der STATT Partei setzte am vergangenen Samstag den Parteimitgliedern die Pistole auf die Brust: Entweder werde ihm mit klarer Mehrheit das Vertrauen ausgesprochen oder man wolle zurücktreten. Daß 68 der 108 in Wilhelmsburg versammelten Mitglieder für den Vorstand stimmten, beendete vorerst die existenzbedrohende Krise in der STATT Partei. Seit Monaten werfen sich der Parteigründer und gestürzte Fraktionschef Markus Wegner, der neue Fraktionsvorsitzende Achim Reichert und der Parteivorstand gegenseitig vor, die Partei in den Ruin zu treiben.

Mit der Vertrauensfrage kam Vorstandschef Dieter Brandes den düsteren Vorankündigungen einiger Wegner-Anhänger zuvor, die angekündigt hatten, auf dem Parteitag einen Mißtrauensantrag zu stellen. „Der Landesparteitag ist dann aber doch wesentlich friedlicher verlaufen als erwartet“, gestand Bürgerschafts-Fraktionschef Achim Reichert in einer zusammenfassenden Beurteilung gestern gegenüber der taz. „Parteirebell“ Markus Wegner habe sich deshalb so ruhig verhalten, weil er mit „einem sechsten Sinn für Stimmungen“ erkannt hätte, daß die Mitgliederversammlung nicht auf Konfrontation eingestellt gewesen sei.

In der Tat gab Wegner sich ungewöhnlich zahm und überraschte den Parteitag zunächst mit einem Papier „Konsens statt Dissenz“, in dem er zur Erarbeitung eines „politischen Handlungsrahmens“ aufruft. Auch als sein Ex-Parteifreund, der Abgeordnete Georg Berg, ihm einen „perversen Machtfimmel“ vorwarf, ließ Wegner sich zu keinem Verbalgefecht hinreißen.

Das klare Vertrauensvotum für den Vorstand wird als Schlappe für Markus Wegner gewertet. Wegner selbst sieht das allerdings anders: „Ich weiß nicht, worüber Brandes sich gefreut hat.“ 60 Prozent Zustimmung als Erfolg zu feiern sei „naiv“. Die Vertrauensfrage überhaupt zu initiieren sei „unklug“ und „ungeschickt“ gewesen. „Immerhin vertrauen 40 Prozent dem Vorstand nicht – eine große Minderheit.“ Mit dem Vorstandsantrag auf Rückendeckung habe Brandes ein „Lagerdenken“ ausgelöst. „Brandes will die Partei spalten“, glaubt Wegner deshalb.

Trotz Georg Bergs gewagter Prognose – „wir sind überm Berg“ – ist damit also der innerparteiliche Konflikt um Personen und Macht nicht gelöst, sondern nur befriedet. Die Basis fürchtet, daß der starke Mitgliederschwund sich bis zum Punkt Null fortsetzen könnte und forderte den Vorstand und die Bürgerschaftsfraktion deshalb auf, ihre persönlichen Querelen künftig zu unterlassen. „Wir müssen endlich zu den Sachinhalten zurückkehren“ war der meist gehörte Satz auf dem Landesparteitag. Allerdings ohne daß ihm Taten folgten. Vorstandschef Dieter Brandes war es mittendrin wichtig zu sagen: „Jemand hat mich hier Fettsack genannt. Das bin ich nicht. Ich wiege nur 68 Kilo!“

Immerhin schaffte es der Landesparteitag, einen neuen stellvertretenden Landesvorsitzenden zu wählen: Als Nachfolge für den im Februar aus dem Amt entfernten Thomas Gottfried wurde der 22jährige Jura-Student Andy Becker auserkoren. Er gewann die Wahl mit großer Mehrheit gegen den zackigen Bundeswehroffizier a.D. Siegfried Wölk.

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