piwik no script img

Die Kunst des Liebens

■ St. Pauli punktet bei Mainz 05 / Spieler und Fans haben sich wieder lieb

Drei Dinge wissen die Fans des FC St. Pauli genau: Der Ball ist rund, ein Spiel dauert 90 Minuten – und der gemeine Fußballprofi ist ein Wesen, dem der Profit weitaus wichtiger ist als die immateriellen Werte, die gemeinhin mit dem Millerntor in Verbindung gebracht werden. Ein großer Irrtum, wie sich in den letzten Wochen zeigte. Nicht nur, daß Jungstürmer Scharping am vergangenen Samstag dicke Tränen vergoß – nicht wegen spärlicher Siegprämien, sondern wegen der Unmutsäußerungen der Fans.

Nein, am Samstag zeigte sich gar die gesamte Mannschaft von der Scharpingschen Befindlichkeit angesteckt. Getreu der Devise „Nimm Du den Ball, sonst werde ich ausgepfiffen“ schoben die Maslo-Eleven eine Halbzeit lang Ball und Verantwortung zum jeweils nächststehenden Spieler. Daß dieser zuweilen das Trikot des FSV Mainz trug, blieb indes ohne gravierende Folgen. Die harmlosen Gastgeber erspielten sich während des gesamten Spiels lediglich zwei Torchancen, eine nutzte Sergej Schukow zur 1:0-Pausenführung. In der Halbzeit hatte Trainer Maslo seinen Spielern wohl erläutert, daß es für einen Verein, der in die Bundesliga aufsteigen will, durchaus von Vorteil sein kann, wenn er gelegentlich den Versuch unternimmt, aufs gegnerische Tor zu schießen. Und so kam es, daß St. Pauli plötzlich den Kasten von Stephan Kuhnert bestürmte. Nachdem ein Driller-Freistoß knapp am Pfosten vorbeigesegelt war, blieb es André Trulsen vorbehalten, in der 72.Minute per Kopfballaufsetzer den Ausgleich zu erzielen. Nachdem Christian Springer und Bernd Hollerbach in der Schlußphase gar noch den Siegtreffer auf dem Fuß hatten, wurden die durch den Liebesentzug der letzten Woche arg gebeutelten Spieler dann von den Fans gefeiert und geherzt, daß es eine wahre Freude war und zogen sichtlich erleichtert von dannen.

Pflichtlektüre vor dem nächsten Heimspiel: „Die Kunst des Liebens“ von Erich Fromm. ruf

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen