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Die Krankenhäuser und der ErnstfallKliniken für die „veränderten Gefährdungslage“ wappnen

Der Rahmenplan „Zivile Verteidigung Krankenhäuser“ des Senates wird den Berliner Kliniken vorgestellt. Doch wie so oft fehlt Geld zur Umsetzung.

Für den Ernstfall gewappnet? Eine Katastrophenschutzübung (Symbolbild) Foto: Dwi Anoraganingrum/imago

Berlin taz | Bei Krisen- und Notlagen wie Krieg, Überschwemmungen und Hitzewellen handlungsfähig zu bleiben – so lautet das gemeinsame Vorhaben der Berliner Kliniken und des Senats. Zusammen mit Gesundheitssenatorin Ina Czyborra (SPD) stellen sie am Donnerstag den Leitungen der Berliner Kliniken den Rahmenplan zur „zivilen Verteidigung Krankenhäuser“ vor. Dieser geht unter anderem den Fragen nach, wie sich Pa­ti­en­t:in­nen im Ernstfall verteilen ließen, wie Dienstleistungen und Lieferketten für Krankenhäuser gesichert werden können und ob ausreichend Notstrom, Sanitätsmaterial und Arzneimittel bereitstehen würden. Der umfassende Rahmenplan ist aufgrund von Sicherheitsbedenken jedoch unter Verschluss.

Das vorgestellte Arbeitspapier – bundesweit das erste seiner Art – entwickelte die „Arbeitsgruppe Zivile Verteidigung Krankenhäuser Berlin“, ein seit Juni 2023 bestehender Zusammenschluss von Ver­tre­te­r:in­nen des Berliner Senats, der Krankenhausgesellschaft, von zwölf ausgewählten Krankenhäusern und der Bundeswehr. Insbesondere geopolitische Ereignisse wie die Annexion der Krim und der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine seien die Motivation hinter einem solchen Plan gewesen.

„Wir haben in Deutschland und auch in Berlin ein sehr gut ausgestattetes und funktionierendes System, um Katastrophen, Unfälle und Naturgefahren zu bewältigen“, so Gesundheitssenatorin Czyborra. Aufgrund der „veränderten Gefährdungslage“ sei es nun aber notwendig, die zivile Verteidigung stärker auszubauen. Diese sei in den 1990er Jahren in Deutschland wegen der damals gering eingeschätzten Gefährdungslage abgebaut worden.

Als aktuell zu berücksichtigende Krisen- und Bedrohungslagen werden Pandemien, Wetterkatastrophen wie Hitzewellen, Hochwasser und Überschwemmungen, Cyber- und Terrorangriffe sowie mögliche militärische Konflikte genannt, etwa der mögliche Umstand, dass der Nato-Bündnisfall ausgelöst werde. Ein konkret vorstellbares Szenario für Berlin sei etwa, dass Berliner Kliniken auch Kriegsverletzte aus den Nato-Staaten versorgen. Der Rahmenplan zeichnet sechs Szenarien – von einem erhöhten Patientenaufkommen bei funktionierender Infrastruktur bis hin zur vollständigen Evakuierung der Stadt.

Gesundheitsinfrastruktur krisenfester aufstellen

Der Geschäftsführer der Berliner Krankenhausgesellschaft, Marc Schreiner, erklärt, durch regelmäßige Notfallübungen seien die Krankenhäuser bereits gut darauf vorbereitet, auf akute Gefahrenlagen zu reagieren. Doch zeige der Rahmenplan auch, dass noch einiges zu tun sei. „Wir müssen unsere Gesundheitsinfrastruktur krisenfester aufstellen.“

Derzeit gehe es vor allem darum, Personal und Abläufe für etwaige Krisen- und Notlagen gut zu organisieren. So sei es beispielsweise wichtig zu wissen, wer im Falle eines Krieges den Krankenhausbetrieb überhaupt aufrechterhalten könne. Dafür brauche man Informationen, wer Reservist sei oder bei einer NGO arbeite.

Bei der Pressekonferenz bleibt jedoch offen, mit welchen Geldern sich ein solcher Plan überhaupt finanzieren ließe. Angedacht seien Mittel vom Bund, etwa aus dem Sondervermögen für Verteidigung, sowie Gelder vom Land Berlin.

Angesichts der massiven Einsparungen des schwarz-roten Senats, die unter anderem auch den Gesundheitssektor betreffen, wirkt der vorgestellte Rahmenplan, der das Gesundheitssystem im Krisenfall funktionsfähig halten soll, doch auch etwas widersprüchlich. „Das ist uns bewusst, und das müssen wir bei der Finanzierung berücksichtigen“, sagte die Senatorin.

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