Die Junge Union am rechten Rand?

Am Sonntag wählt die Landeskonferenz der CDU-Nachwuchsorganisation einen neuen Vorstand / Antrag gegen das Verbot der Reichskriegsflagge / Gespräche mit „Republikanern“  ■ Von Severin Weiland

Der Jungen Union (JU) steht ein hartes Wochenende ins Haus. Weniger die Wahl eines neues Landesvorstandes dürfte dabei am Sonntag im Reichstag für Streit zwischen Konservativen und Reformern sorgen als vielmehr die Frage, ob der CDU-Nachwuchs die Mutterpartei rechts überholen will. Kopfschütteln löst bei den Reformern ein Antrag des Kreisverbandes Spandau aus, der die Delegierten auffordert, das Verbot der Reichskriegsflagge zu verurteilen. Erst vor wenigen Wochen hatte der zum rechten Flügel der CDU zählende Innensenator Heckelmann die Polizei angewiesen, das Zeigen der Reichskriegsflagge fortan als Verstoß der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu werten. Ein Maßnahme, die manchen in der JU offenkundig zuweit geht. Der Vorsitzende des Kreisverbandes Hellersdorf, Mario Czaja (18), hält es für „widersinnig, eine Fahne, unter der im Ersten Weltkrieg Millionen für das deutsche Vaterland gestorben sind, einfach zu verbieten, nur weil sie von Radikalen mißbraucht wird“.

Angesichts solcher Töne erwartet Jean Angelov (27), der als Reformer im Februar aus dem alten Vorstand zurücktrat, „eine sehr spannende“ Landeskonferenz. Seit längerem schon geht ein tiefer Riß durch die JU: Nach dem Rücktritt von drei Vorstandsmitgliedern im Februar war auf einer außerordentlichen Landeskonferenz ein neuer Vorstand gewählt worden – Vorsitzender wurde Heiner Kausch. Die Wiederwahl des Konservativen gilt als sicher. Offen ist, wie weit die Reformer im neuen Vorstand vertreten sein werden – von 23 Kreisverbänden haben sie nur Zehlendorf, Wilmersdorf, und Steglitz fest hinter sich.

„Wenn wir nicht die Chance erhalten, in wesentlichen Entscheidungen des Landesvorstandes künftig miteinbezogen zu werden, werden wir uns zurückziehen“, so Angelov zur taz. Man wolle, sagt der Rechtsreferendar, nicht das „liberale Feigenblatt“ in der JU spielen. Unter den rund 200 Delegierten, die am Sonntag erwartet werden, sind die Gegner einer konservativen Wende in der Minderheit: Nur rund 80 Stimmen werden dem Reformerflügel zugerechnet. Der stellvertretende Landesvorsitzende Michael McLaughlin (26), selbst Reformer, hofft trotz der Differenzen auf eine sachliche Diskussion: „Wir wollen keine Schlammschlacht.“ Zuversichtlich sieht er der Wahl des neuen Vorstandes entgegen. Er habe den Eindruck, daß auch die gemäßigten Konservativen innerhalb der JU eine „vernünftige Zusammensetzung“ wollten. Zumal die Zusammenarbeit im Landesvorstand unter Kausch im letzten halben Jahr „außerordentlich konstruktiv“ gewesen sei.

Dennoch: Die Kluft zwischen Reformern und Konservativen könnte nicht tiefer sein: Während die Kreisverbände Kreuzberg, Wilmersdorf, Zehlendorf und Steglitz in „bewußter Abgrenzung zu den Nationalkonservativen innerhalb der Jungen Union“ (McLaughlin) am 11. September einen Kranz in der KZ-Gedenkstätte Sachsenhausen niederlegten, scheuen Teile der JU nicht die Berührung mit Rechtsaußen. Der JU-Kreisvorsitzende von Hellersdorf, Mario Czaja, gesteht Kontakte zwischen der JU und der „Republikanischen Jugend“ offen ein: „Natürlich gibt es Gespräche zwischen einzelnen Personen der JU und der Jugendorganisation der Republikaner.“ Dies solle man „aber nicht politisch überbewerten“, schwächt er seine Aussage sogleich wieder ab. Erst im Mai hatte der Landesbeauftragte der rechtsextremen „Republikanischen Jugend“ und Rep-Bezirksverordnete aus Tiergarten, Frank Seifert, in einem Interview der Reinickendorfer Zeitschrift ätzettera von Kontakten zur JU gesprochen. Es gebe eine Zusammenarbeit mit drei Kreisverbänden der JU, außerdem verfüge er über eine Liste von 80 JU-Mitgliedern.

Wenig zimperlich äußert sich die „Betonriege“, wie intern die rechten JUler auch genannt werden, über politische Gegner innerhalb der CDU. So gehöre es mittlerweile zum „guten Ton“, die Ausländerbeauftragte Barbara John (selbst CDU-Mitglied) als „Volkskommissarin für Überfremdung“ zu bezeichnen, sagt ein JU- Insider zur taz. Und der JU-Landesausschuß – das höchste Gremium zwischen den Landeskonferenzen – nahm in diesem Jahr gar mehrheitlich einen Antrag zweier Mitglieder des Kreisverbandes Tempelhof an, den Vorsitzenden der rechtsextremen „Freiheitlichen Partei Österreichs“ (FPÖ), Jörg Haider, einzuladen. Die Forderung wurde allerdings im Landesvorstand nie behandelt – offenbar war sie selbst den gemäßigten Konservativen zu heiß.