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„Die Humanisten“

Texte von Ernst Jandl als Kammeroper im „Bunker F 38“ in einer Aufführung der „opera piccola“

Dialoge zündeten in ihrer Absurdität und ihrem wunderbaren Blödsinn

Der „Kunstler“ traktiert den „Witzenschafter“ als „Arschlochen“ mit „Kopfennüssen“ und „Fussentritten“. Was treibt einen türkischen Komponisten dazu, einen Lyriker wie Ernst Jandl zu vertonen?

Den Wiener Jandl, der wie keiner in diesem Jahrhundert kritisch, ironisch, parodierend mit der Sprache selbst, aber auch mit der Art ihrer Verwendung umging? Der 1957 in Istanbul geborene Erhan Sanri studierte Komposition in Hamburg und wählte für seine erste Oper den Dialog „Die Humanisten“ aus, 1976 von Jandl geschrieben, 1977 als Hörspiel produziert.

Die kleine (in ihren kaufmännischen Praktiken umstrittene) Bremer „opera piccola“ brachte jetzt die zweite Aufführung der Kammeroper heraus. Den „Dialog“ verpackte Regisseur Petrus von Herberstein in ein feudales Essen mit fünf Gängen und rechteckigen Designertellern. Tomasz Kovacic und Gregor Finke (sowie der Falsettist Eduard Katz) brauchten einige Anlaufzeit, aus einer unangemessen pathetischen „Opernhaltung“ herauszukommen, aber mehr und mehr gelang das, und die Dialoge zündeten in ihrer Absurdität, ihrem wunderbaren Blödsinn und ihrer gesellschaftspolitischen Bedeutung. „Ich Hundi sein, schützen Deutschsprach“, meint der eine, und der andere plaudert von den „Bayreuther Fetzenspielen“. Der intelligente Spaß, den Jandl vermittelt, wurde auf diese traditionelle Konversationsart zwar nicht besonders konturenscharf, aber doch andeutungsweise vermittelt.

Die Aufführung im „Bunker F 38“ in der Claussenstrasse 14 hatte das Konzept, die Bildenden Künste einzubeziehen – was durch interessante Arbeiten von Dietlind Horstmann-Köpper, Bärbel Rickling, Bernhard Gans und Ludmilla Schalthoff geschah. Nächste Aufführung: Heute Abend um 20 Uhr.

Ute Schalz-Laurenze

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