■ Die Hochschulreform erhöht den Druck auf die Studenten: Weniger rein, schneller durch
Früher nannte man sie Elfenbeintürme. Heutzutage vergleichen Wissenschaftsminister, wenn keiner zuhört, die Universitäten gerne mit Schafställen. Voll sind sie. Es muffelt drin. Und jene, die rauskommen, blöken und wissen nicht, was sie tun sollen. Der Vergleich hat was. Doch ist es redlich, die klugen Wollträger für einen überfüllten, stinkenden Schafstall verantwortlich zu machen?
Die Oberhirten von CDU und SPD haben genau das mit der Novelle des Hochschulrahmengesetzes getan. Denn es gibt nur wenige organisatorische Veränderungen, und die müssen erst mal gegen die Behördenstruktur der Unis durchgesetzt werden.
In ihrem Kern zielt die Reform aber auf die Studierenden. Die sollen nun in acht (Fachhochschulen) bzw. neun Semestern (Universitäten) ihr Studium beenden. Sprich: Die Schafe sollen das Heu schneller hinunterwürgen, damit man sie flugs wieder ins Freie scheuchen kann.
Auch der Bachelor, jener neue, angeblich so phänomenale Abschluß, ist nur dazu da, den Durchlauf durch die Unis zu beschleunigen. Jedenfalls ist dieser „Abschluß“ von höchst zweifelhaftem Wert. Seit Jahren ist man bemüht, im Leitsektor für Akademiker, dem öffentlichen Dienst, die starren Schranken zwischen dem Fachhochschul- und dem Universitätsdiplom aufzubrechen – vergeblich. Und nun soll der Absolventen wie Arbeitgebern unbekannte Bachelor plötzlich das „Sesam, öffne dich!“ für tolle Jobs
sein?
Nein, in Wahrheit steckt dahinter die von der SPD schwach abgewehrte Knute Zwischenprüfung: Wer sie nicht besteht, fliegt ohne Zertifikat raus; wer sie besteht, kriegt einen wertlosen Bachelor umgehängt. Konsequenterweise wird auch der Zugang zu den Hochschulen erschwert. Auswahlgespräche nennt man das, und jeder, der die strukturelle Allmachtsposition der Professoren kennt, kann sich vorstellen, wie dünkelhaft die ihre Auswahl treffen.
Die HRG-Novelle signalisiert den StudentInnen: Schneller durch, früher raus, weniger rein. Da paßt es prima, daß die so dringend angemahnte Reform der Ausbildungsförderung ausfällt. Zu den pädagogisch wertlosen Klippen neuer Prüfungen und Gespräche tritt die soziale Ausgrenzung hinzu. Damit ist klar, wer sein Schäflein ins Trockene bringt: Wer schnell widerkäut und sich das Ganze leisten kann. Christian Füller
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