Das Portrait: Die Gewaldige
■ Heffa Schücking
Heffa Schücking, Entwicklungs-Lobbyistin Foto: privat
Das Haus der 36jährigen Biologin im münsterländischen Sassenberg ist eine Anlaufstelle für kritische Anfragen zur Entwicklungshilfe und zur Weltbank: Heffa Schücking ist die Geschäftsführerin von „Urgewald“. Fünf Festangestellte und eine ABM- Kraft arbeiten in dieser Gruppe über die Republik verstreut seit 1992, anfangs vor allem für den Erhalt der tropischen Regenwälder.
„Lobbyarbeit“ nennt Heffa Schücking ihr Engagement für die Länder des Südens. Die gebürtige Hamburgerin lebte elf Jahre in den USA und studierte dann an der Uni Bielefeld. Urgewald bedeutete für sie Professionalisierung der Arbeit in der Entwicklungspolitik. Bezahlt werden sie und ihre KollegInnen von einer Stiftung in Chicago und durch Spenden. Die kleine Organisation ist eine Anlaufstelle für regierungsunabhängige Organisationen der Dritten Welt, die sich mit internationalem Protest gegen bedrohliche Projekte der Weltbank zur Wehr setzten. Ein spektakulärer Erfolg war der Baustopp für den Arun-Staudamm in Nepal. Seit Frühjahr 1993 alarmierten nepalesische NGOs über Urgewald die Öffentlichkeit. Eines der wenigen noch intakten Täler im Hochhimalaya und Lebensraum für 450.000 Menschen wäre überflutet worden. Im August 1995 schließlich kippte die Weltbank das Projekt endgültig – nachdem sich die NGOs Einsicht in die Projektunterlagen erklagt hatten, wurde deutlich, daß in den offiziellen Informationen wieder einmal die Vorteile übertrieben, die Risiken aber heruntergespielt worden waren. „Wir fordern eine Art Glasnost in der deutschen Entwicklungshilfe“, sagt Heffa Schücking. „Das gesamte entwicklungspolitische Geschäft ist geheim.“
Für ihr Engagement hat die alleinerziehende Mutter einer Tochter im April 1994 in San Francisco den Preis der Goldmann-Stiftung erhalten – als erste Deutsche. Und das ZDF-Frauenmagazin Mona Lisa kürte die Urgewald-Gründerin kürzlich zur „Frau des Jahres“. Schücking freut sich „über die Wertschätzung und Dankbarkeit nach langen Durststrecken“ und will sich auch weiterhin für Kleinprojekte in der Dritten Welt einsetzten. Doch manchmal fühlt sie sich wie David gegen Goliath: „Wenn ich uns mit Organisationen wie Misereor oder Brot für die Welt vergleiche, dann steht hinter denen viel Geld und Macht; ich sähe es gern, wenn sich diese Organisationen kritischer mit der staatlichen Entwicklungshilfe auseinandersetzen würden.“ Nicola Claß
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