■ Die Gesundheitsreform ist ebenso nötig wie umstritten: Opposition ohne Konzept
Andrea Fischer wusste, auf was sie sich einließ, als sie Gesundheitsministerin wurde. Das erste Jahr hat sie nun überstanden. Sie sah sich Pfiffen von Ärzten und Protestveranstaltungen ausgesetzt, ja sogar Drohungen, Patienten könnten nicht mehr versorgt werden. Das alles hat sie ausgehalten. Ob sie auch die Gesundheitsreform durchsteht, wird sich zeigen.
Der Reform ist die rot-grüne Mehrheit im Bundestag sicher. Mehr aber auch nicht. CDU und CSU wollen sich in Fundamentalopposition üben. Vehement sperren sie sich gegen Globalbudget und Krankenhausfinanzierung. Doch nicht nur die CDU schimpft. Auch im rot-rot regierten Mecklenburg-Vorpommern mag man weder die Ausgabendeckelung noch die neue Krankenhausfinanzierung. Jeder der Beteiligten weiß, dass er etwas zu verlieren hat.
Die Länder, selbst die SPD-regierten, fürchten um ihre Handlungskompetenz bei der Krankenhausplanung. Den Ministerpräsidenten von Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen stehen Landtagswahlen ins Haus – und unangenehme Diskussionen um Bettenabbau und Krankenhausschließungen bringen keine Stimmen.
Weil die vorangegangenen Landtagswahlen die Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat verschoben haben, tönen die Kritiker der Reform lauter. Das ist ihr gutes, wenngleich billig erworbenes Recht, aber sie können zur inhaltlichen Diskussion um die Reform nichts beitragen. Seehofer und Co. wissen, dass es einen Reparaturbedarf am System gibt. Der erfordert jedoch viel mehr Fingerspitzengefühl und Weitsicht, als es die Nörgler zugeben wollen. Niemand von ihnen wagt es, über Umverteilungen im System zu reden, die gerecht sind und das Wohl der Patienten garantieren. Fischers Reform ist kein Jahrhundertwerk, aber sie bietet gute Ansätze. Annette Rogalla
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