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■ SURFBRETTDie Freiheit von Radenthein

Soll nachher keiner sagen, er habe nichts gewußt. Politologen sind zwar überwiegend der Meinung, in den Wahlen zum weitgehend unbekannten, daher für bedeutungslos gehaltenen Europaparlament komme bloß die unverblümte Meinung der Abstimmenden zum Ausdruck, ohne Rücksicht auf ihre politische Vernunft. Mag deshalb sein, daß Jörg Haiders Weg zum österreichischen Kanzler länger ist, als es nach den Europawahlen vom letzten Sonntag erscheint. In Radenthein aber ist die Machtfrage bereits entschieden. Hier regiert die Freiheitliche Partei Österreichs, der sich auch die Unabhängigen angeschlossen haben, nachgeordnet als „up“ auf tiefblauem Grund firmierend. Hier haben Haiders Leute 41 Prozent der Stimmen geholt.

Wo liegt Radenthein? Das muß man nicht wissen, aber man kann es wissen. Der Kreisverband von Radenthein der Freiheitlichen Partei Österreichs hat eine alle Wissenslücken füllende Website hervorgebracht unter http://pina2.telecom.at/ home/mdiburg/www/f/fppu.htm. Die Kreisstadt liegt in Kärnten am Rande der Gurktaler Alpen. Zum Verwaltungsbezirk gehört die Gemeinde Döbriach, wo Helmut Lackenbucher Unternehmer ist, zugleich Vizebürgermeister von Radenthein, Referent für Tourismus und parteiunabhängig. Das Wort steht für sein Gegenteil. Die FPÖ stellt Lackenbucher mit Bild als den Ihren vor. Von ihm, so muß man aus seiner Funktion schließen, stammt auch, was die Partei über ihre Heimat mitzuteilen hat. „Sportliche Aktivität und gemütliche Geselligkeit“ sprechen für Döbriach, welches näher am Mittelstätter See liegt als Radenthein selbst, wo die Politik gemacht wird. Acht Freiheitliche sitzen im Rathaus, vier Unternehmer, ein Angestellter, ein Landwirt, ein Arbeiter und eine Hausfrau. Am Mittelstätter See ist von Politik nichts zu sehen, er besticht durch „Trinkwasserklarheit“, was in Verbindung mit der „wunderbaren Berglandschaft“ für „sagenhafte Süßwassererlebnisse und himmlische Höhe-Punkte für die ganze Familie“ sorgt.

Trübe dagegen ist das Internet. Nicht einmal der Link zur gesamtösterreichischen Freiheitlichen Partei führt zum Erfolg. Das Dokument sei nicht auffindbar oder es fehle die Leseberechtigigung, meldet der Roboter. Auch der Hitzähler versagt, und selbst die Grammatik spielt den Radentheinern einen Streich. Deswegen steht neben dem Symbol für die ausgefallene Zählergrafik „Sie sind der (unbekannt) Besucher unseres Home Page“. Aber gerade der Kampf gegen solche Fehler stählt die Partei. niklaus@taz.de

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