Die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" wird Wirt: Hauptsache, die Terrasse ist schön
Mit ihrem Zeitungscafé an der Münchner Uni will die "FAZ" jüngere Leser gewinnen. Der Kaffee dort verkauft sich gut, "Spiegel-Online" reicht den Studenten als Lektüre.
MÜNCHEN taz | Die Revolution gibt es in kleinen Schachteln an der Kasse. "R-Evolution" steht darauf, drin ist kein Sprengsatz, sondern Tee in den Geschmacksrichtungen "Honeybush" oder "English Breakfast".
Zugreifen will heute niemand, draußen ist ein warmer Frühlingstag, die meisten Gäste kaufen sich eine kalte Cola und verschwinden auf die Terrasse. "Ein kleiner Ausflug vom Lernen", sagt Peter, drittes Semester Jura, "hier ist es viel angenehmer als in der Bibliothek."
Hier, das ist das FAZ-Café, das die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) vor knapp einem Monat eröffnet hat, direkt neben der Jura-Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München und damit mitten im Stammland der Süddeutschen. "Dass es ausgerechnet hier war", sagt Josef Krieg, Leiter der FAZ-Unternehmenskommunikation, "war Zufall." Das Konzept für ein Studentencafé hätten sie schon lange in der Schublade gehabt, die LMU sei einfach die erste Uni gewesen, an der Räume zur Verfügung standen.
Die FAZ griff zu, auch wenn das Café versteckt in einem Hinterhof liegt. Von außen sieht man kein Logo, kein Namensschild, keine Banner, die strengen Werberichtlinien der Uni München verbieten das. Dafür wimmelt es im Café selbst vor FAZ-Logos: Die Tapete etwa trägt den Namen der Zeitung, und an der Kasse steht in großen Lettern "FAZ-Café", genauso wie auf den T-Shirts der Bedienungen und auf jeder Kaffeetasse. Der Rest der Einrichtung erinnert an eine Mischung aus Caféhaus und cooler Kaffeekette: An der Theke gibt es Panini und hippen Chai-Tee, die Möbel sind aus dunklem Holz, runde Glaslampen machen ein schummriges Licht. Die Botschaft? Wir sind konservativ, aber cool. Und: Lest die FAZ.
"Ich lese -Online, das reicht"
Deren Auflage ist - wie die fast aller anderen großen Zeitungen - in den letzten Jahren konstant gesunken. Bei der FAZ werden heute knapp 60.000 Exemplare weniger gedruckt als noch vor zehn Jahren. Besonders kritisch sieht es bei den jungen Lesern aus. Um sie zu gewinnen, lassen sich Zeitungen einiges einfallen - Studentenabo, das reicht nicht mehr. Der FAZ gehe es darum, sagt Josef Krieg, junge Leute wieder an das "haptische Erlebnis" Zeitunglesen heranzuführen.
Im Café interessieren sich die Gäste erst mal für anderes. "Wie war das mit der Schadensregulierung?", fragt ein Mädchen mit streng nach hinten gebundenem Haar. Ihre Freundin fängt gelangweilt an, in einem dicken Gesetzbuch zu blättern. Ob sie auch die FAZ-Ausgaben nehmen, die kostenlos ausliegen? "Ne, dafür haben wir keine Zeit, wir haben bald Prüfungen." An anderen Tischen sieht es ähnlich aus: "Ich lese Spiegel Online, das reicht", sagt Andreas, viertes Semester Jura. Immerhin: Seine Freundin hat die Süddeutsche im Abo. "Ein Geschenk, von den Eltern."
Nach einer Stunde sind die Zeitungen immer noch unberührt. Dafür verkauft sich der Kaffee gut, "Cappu + Kuchen" für drei Euro - günstig für Münchner Verhältnisse. "Mir ist egal, ob das Café von der FAZ ist", sagt Anna, eine Literaturstudentin, die bei den Juristen reinschaut. "Hauptsache, die Terrasse ist schön." Die gehört - genauso wie die der Rest des Cafés - eigentlich der Uni München. Die Räume sind an das Studentenwerk vermietet, das wiederum arbeitet mit dem Gastronomiebetrieb Bota Group zusammen.
Das FAZ-Café ist ein Joint-Venture: Die FAZ bezahlt Umbau, Kleidung und Tassen, die Bota Group betreibt das Café. Und weil sie das auch an anderen Unis macht, könnte es bald auch dort FAZ-Cafés geben. "Theoretisch ist das an allen Unis möglich, an denen es Platz gibt", sagt Josef Krieg. In Frankfurt gibt es den übrigens nicht. Die Uni hat gerade erst ein neues Café bekommen, bis das frei ist, dauert es noch. Die Idee mit den Zeitungscafés, könnte bis dahin schon wieder kalter Kaffee sein.
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