piwik no script img

Die Farbe des Propheten

■ Ein neues Lexikon informiert über Hamburger Glaubensgemeinschaften und theologische Nachbarschaften

„In Hamburg sagt man Tschüüß“, behauptet ein alter Schlager, aber nicht in allen Gotteshäusern sagt man auch Ja und Amen. Die Zeiten, in denen nur als Hamburger Bürger galt, wer erstens Grundbesitz und zweitens die Zugehörigkeit zur evangelisch-lutherischen Kirche nachweisen konnte, sind seit über hundert Jahren vorbei.

Aber wer weiß schon, wieviele verschiedene Religionsgemeinschaften in der Freien und Hansestadt existieren? Auf die große Zahl der konsularischen Vertretungen in ihrer Heimatstadt sind die HamburgerInnen immer stolz gewesen. Da geht's ja auch ums Geld. Wären die HanseatInnen auch auf die Vielfalt der Religionen so stolz, wenn sie denn wüßten, welche es gibt?

Demnächst können sie sich mit einem Blick informieren: im „Lexikon der Hamburger Religionsgemeinschaften“. Drei wackere Theologen der universitären Arbeitsstelle „Kirche und Stadt“ – Wolfgang Grünberg, Dennis L. Slabaugh und Ralf Meister-Karanikas – haben sich in dreijähriger Arbeit bemüht, alle nicht-kommerziellen Glaubensgemeinschaften kennenzulernen. 92 Gemeinschaften stellen sie jetzt in ihrem Buch vor.

Angefangen mit der vermutlich jüngsten, der Afghanischen Hindu-Gemeinde – die erst in diesem Jahr entstanden ist –, über die Jesus-Freaks e.V. und das Tibetische Zentrum bis hin zu den Zeugen Jehovas wird jede einzelne Religionsgemeinschaft ausführlich beschrieben. Geschichte, Glaubensinhalte, aber auch die Gestaltung der Räume, alles, was wesentlich war für die Selbst-Darstellung der Gemeinschaft, wurde eingearbeitet.

„Wir treten nur als Herausgeber auf“, betont Meister-Karanikas, „denn an den Texten haben die Gemeinden intensiv mitgearbeitet.“ Nicht alle waren von dem Forschungsvorhaben spontan begeistert. Manche Religionsgemeinschaft hatte Angst, in der Öffentlichkeit falsch verstanden zu werden. Eine Gruppe hat deshalb darauf verzichtet, im neuen Lexikon aufgeführt zu werden.

Neben den informativen Texten gibt es auch eine Reihe von anschaulichen Karten. Die verschiedenfarbigen Punkte zeigen, welche Glaubensgemeinschaft wo ihr Gotteshaus hat oder hatte. Die vielen roten Punkte zum Beispiel machen die - zumindest bauliche - Dominanz der evangelischen Kirche deutlich, blaue Punkte bezeichnen Synagogen und jüdische Gemeindehäuser, und Grün ist die Farbe des Propheten. So kann man sehen, daß in Hamburg Landesrabbiner und Bischhöfin ebenso Nachbarn sind wie Erzbischhof und Imam.

Iris Schneider

Das Lexikon der Hamburger Religionsgemeinschaften ist im Dölling und Galitz Verlag erschienen, hat 256 Seiten und kostet 58 Mark.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen