Die Entertainerin Sissi Perlinger: "Hallo, du übertreibst es maßlos"
Sissi Perlinger kann singen, schauspielern, Witze reißen, tanzen und auf dem Kopf stehen. Lange hat sie das alles gleichzeitig gemacht – bis ihr Körper und ihr Freund die Reißleine zogen.
Sissi Perlinger ist ein Tausendsassa, eine verrückte Nudel, eine extrovertierte Exzentrikerin. Im normalen Leben tritt sie in raubtiergemusterter Kleidung auf, auf der Bühne wiederum treibt sie das Aufgefallene noch weiter auf die Spitze. Deshalb ist Kabarett auch ihr Metier. In ihrer letzten Show "Singledämmerung" und in ihrer neuen "Gönn dir ne Auszeit" nimmt sie sich schonungslos selber auf die Schippe. Sie kehrt ihr Innerstes nach außen und das Innerste hat mit Liebeskummer zu tun. - Allerdings, das muss hier auch gesagt sein, widerspricht sie, wenn man sie als Exzentrikerin bezeichnet. "Ich bin für mich der normalste Mensch, und alle anderen spinnen", sagt sie im sonntaz-Gespräch.
Perlinger ist eine Vollblutkünstlerin. You name it - sie kann es. Sie hat eine Schauspielausbildung, eine Stimmausbildung, eine Tanzausbildung. Sie hat in Filmen und auf dem Theater gespielt, sie hat Shows im Fernsehen, sie hat, sie hat, sie hat - sie hat es übertrieben: "Ich dachte immer, ich kann doch nicht nur auf der Bühne stehen und ein Lied singen, obwohl ich dreieinhalb Oktaven Stimmumfang habe und eine wirklich gute Sängerin bin", sagt sie. "Ich denke dann, ich muss dazu auf dem Kopf stehen, mit den Ohren wackeln und noch fünf Pointen bringen, das alles in einem Riesenkostüm verbunden mit einer Choreografie und tollen Lichteffekten."
Auf jeden Fall macht ihr Körper eines Tages einen Strich durch die Rechnung. Sie bekommt einen Tinnitus, der ihr ein Jahr lang den Schlaf raubt. Und sie wird verlassen von ihrem Freund. "Ich bin echt in die Leere gefallen", sagt sie im sonntaz-Gespräch. "Für meine damaligen Begriffe war er der perfekte Partner. Wir hatten vier superschöne Jahre. Mir hat es einfach meinen gesamten Boden unter den Füßen weggezogen. Das war mein Zuhause, mein Mann, mein Büro war in dem Haus. Sein Sekretär war auch mein Sekretär. Wir waren so verwoben."
Es dauert Jahre, bis sie sich wieder hochrappelt und aus dieser Mega-Krise befreit. Schonungslos erzählt sie im Gespräch von ihrer Liebesverzweiflung, vom Chaos, in das jemand, der Liebeskummer hat, stürzt und vom mühsamen Weg, da wieder raus zu kommen. Und sie erzählt es auch in ihren Shows. "Ich bin auf der Bühne selbst der Depp und habe kein Problem damit, wenn die Leute über meine Dummheiten lachen." Denn Humor, sagt sie, sei die intelligenteste Art, mit Verzweiflung umzugehen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Bundeskongress der Jusos
Was Scholz von Esken lernen kann
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag
Demokratieförderung nach Ende der Ampel
Die Lage ist dramatisch