: Die Einheit und die Angst
Wer hat denn nun eigentlich Angst? ■ G A S T K O M M E N T A R
BRD-Innenminister Schäuble hat es im Presseclub am Sonntag -Mittag angedeutet, er hat Angst vor einer Verfassungsdiskussion nach §146, denn dabei wäre das Endergebnis nicht vorgegeben. „Jahrelange Instabilität und Chaos“ verdüstern seine Einheitsträume. Und die vielen Übersiedler, die noch täglich kommen. (Da werden aus Menschen Zahlen, man sollte sich anschauen, wer da noch hinübergeht.)
Es ist Angst vor einer Diskussion der Eigentumsfrage, es ist Angst vor den Wählern, es ist die Angst vorm Machtverlust. Und die Angst einer Politik, die ihre Ideen vom Gebrüll fanatischer Einheitsforderer holt. Das ist dann nur noch Angst vorm Durchsetzen eigener Konzepte (Kohls 10 Punkte- Plan) gegen oder eben mit einer bisher unbekannten Menschenmasse.
Das ist die Angst, daß die Menschen die Bonner Kopflosigkeit erkennen, und so wird versucht, mit der Umfrage unterm Arm den „demoskopisch-repräsentativ -ermittelten“ Meinungen hinterherzulaufen (Paradebeispiel ist da auch die Diskussion um eine Wehrdienstverlängerung in der BRD letztes Jahr).
Das ist also die moderne Bonner CDU-Politik, einhergehend mit einer so dermaßen lahmarschigen SPD-Bundestagsopposition (Man beachte den Unterschied zwischen dem Berliner Momper und dem Fraktionsvorsitzenden Vogel in Bundestagsdebatten).
Und das ist der Punkt, wo die DDR nun wirklich eine großartige eben erst entwickelte Kultur einbringen kann. Diese Wahrheitsliebe und der Umgang miteinander in den TV -Diskussionen vor wenigen Abenden und die Gespräche mit Gaus zeigen da hoffentlich über den Tag/die DDR hinaus. Denn der West-Bazillus hat in gewissen Qualkampfkreisen schon fruchtbaren Boden gefunden.
Stefen Niemeyer
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