piwik no script img

Die Eckpunkte des RettungspaketsDiskrete Milliarden von der Anstalt

Im Eilverfahren haben Bundestag und Bundesrat das Gesetz zur Bankenrettung durchgebracht. Welchen Banken wie geholfen wird - davon soll die Öffentlichkeit wenig erfahren.

Ab Montag können Banken Hilfe vom Staat bekommen. Bild: dpa

In absoluter Rekordzeit von nur einer Woche haben Bundestag, Bundesrat und Bundespräsident das "Finanzmarktstabilisierungsgesetz" verabschiedet. Am Samstag tritt es in Kraft, damit Banken schon ab Montag Hilfe vom Staat bekommen können. Hier die wichtigsten Fragen und Antworten zum Gesetz:

1. Wie viel Geld gibt der Staat den Banken?

Bis zu einer Höhe von 400 Milliarden Euro übernimmt der neu geschaffene "Finanzmarktstabilisierungsfonds" Bürgschaften für Kredite zwischen Banken. Für mögliche Ausfälle dieser Kredite werden 20 Milliarden Euro bereitgestellt. Mit weiteren 80 Milliarden Euro kann der Fonds Anteile an Banken erwerben oder ihnen faule Kreditpapiere abkaufen.

2. Wer entscheidet, welche Banken Geld erhalten?

Während die Regierungen Großbritanniens und der USA Anteile an Banken auch ohne deren Zustimmung übernehmen können, wenn das für notwendig gehalten wird, müssen die Banken in Deutschland alle Formen der Unterstützung ausdrücklich beantragen. Zur Abwicklung wird eine neue "Finanzmarktstablisierungsanstalt" eingerichtet, die der Bundesbank angegliedert wird. Diese Anstalt entscheidet über die Anträge, regelt die Zahlungen an die Banken und handelt die jeweiligen Bedingungen aus. Über "Grundsatzfragen" entscheidet ein Lenkungsausschuss, dem Finanz-, Justiz- und Wirtschaftsministerium sowie Kanzleramt und ein Ländervertreter angehören.

3. Welche Bedingungen müssen die Banken im Gegenzug erfüllen?

Die im Gesetz genannten Möglichkeiten sind sehr weitreichend: Bei allen unterstützten Banken darf die Anstalt Managergehälter und Dividenden begrenzen sowie die Geschäftspolitik entscheiden. Für Bürgschaften ist zudem eine Gebühr vorgesehen. Die Details werden erst am Montag in einer Verordnung geklärt. Keine dieser Bedingungen ist jedoch verbindlich: Die Regeln werden in jedem Einzelfall in einer Vereinbarung zwischen der Anstalt und der Bank geregelt.

4. Welche Banken werden Hilfe beantragen?

Darüber gibt es nur Spekulationen. Lediglich Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann hat erklärt, dass sein Institut keine Kapitalspritzen beantragen will; die übrigen Banker schwiegen bisher. Erwartet wird, dass einige Landesbanken Unterstützung brauchen. Der Präsident des Ifo-Instituts, Hans-Werner Sinn, glaubt, dass das Rettungspaket wegen der vorgesehenen Gehaltsdeckelung für Manager nicht greift: "Ich möchte die Bank sehen, die dieses Paket in Anspruch nimmt."

5. Was erfährt die Öffentlichkeit von alledem?

Eine Information der Öffentlichkeit ist im Gesetz nicht vorgesehen. Welche Banken Unterstützung beantragen und erhalten, bleibt ebenso geheim wie die daran geknüpften Bedingungen. Lediglich börsennotierte Unternehmen müssen gemäß Aktienrecht darüber informieren, wenn der Staat Anteile an ihnen erwirbt. Bei Bürgschaften oder Ankauf von faulen Krediten gibt es auch dort keine Informationen. Die einzelnen Vereinbarungen werden "völlig intransparent zwischen der Anstalt und den betroffenen Unternehmen" getroffen, gibt der Sprecher des Finanzministeriums, Torsten Albig, offen zu. Auch der Bundestag wird nicht informiert: Lediglich ein neunköpfiger Ausschuss erfährt Details aus der Arbeit der Anstalt; dieses Gremium tagt aber geheim und darf keine Informationen weitergeben.

6. Wie hoch werden die Kosten für den Steuerzahler am Ende sein?

Die tatsächlichen Kosten werden erst feststehen, wenn der Stabilisierungsfonds liquidiert wird - und wann das sein wird, ist völlig offen. Geld ausgeben darf der Fonds bis Ende 2009, die verbürgten Kredite laufen längstenfalls bis Ende 2012. Die vom Fonds erworbenen Bankbeteiligungen und faulen Papiere können auch noch später verkauft werden. Im schlimmsten Fall - wenn alle Kredite platzen und alle Beteiligungen wertlos werden - zahlt der Steuerzahler am Ende die kompletten 480 Milliarden Euro. Im besten Fall entstehen gar keine Kosten. Die Bundesländer werden an den Verlusten zu 35 Prozent beteiligt - nach harten Verhandlungen setzten sie aber einen Maximalbetrag von insgesamt 7,7 Milliarden Euro durch. Zudem zahlen sie für ihre eigenen Landesbanken. Die übrigen Kosten trägt der Bund.

7. Wie sollen die Ausgaben finanziert werden?

Die Bundesregierung plant bisher, die Bankenrettung aus dem allgemeinen Haushalt zu finanzieren. Eine Beteiligung des Finanzsektors selbst ist bisher nicht vorgesehen, soll aber auf Wunsch des Bundestags jetzt geprüft werden. Genau das wollen auch außerparlamentarische Gruppen wie Attac. Die Globalisierungskritiker hatten vorgeschlagen, das Rettungspaket an eine Sonderabgabe auf hohe Vermögen zu koppeln. "Die Hilfe für die Banken darf aber nicht zu Lasten von Bildung, Erziehung, Gesundheit, Klimaschutz und sozialer Sicherung gehen, sondern muss von denen bezahlt werden, die von den unregulierten Finanzmärkten profitiert haben", sagte Attac-Finanzexperte Stephan Schilling. Davon will das Finanzministerium nichts wissen. Sprecher Albig wies Fragen nach der Gegenfinanzierung mit dem Hinweis zurück, dass die tatsächlichen Kosten noch gar nicht feststehen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

18 Kommentare

 / 
  • WV
    Willi Veith

    Es ist doch immer wieder förderlich, wenn man jemand kennt, der jemanden kennt, der an den richtigen Stellen sitzt. So kann man, wenn man groß genug betrügt, hintergeht, ins Bordell einlädt usw.

    tatsächlich mit Milde der Judikative rechnen. Nicht das jemand denkt, dass wäre Vetternwirtschaft, die Herrn sind nicht verwandt.

    Hauptsache, das genügend Kleinkriminelle und Handwerker da sind, die die Judikative mit aller Härte des Gesetzes strafen kann.

    Wir sind "k"eine Bananenrepublik.

  • PK
    Peter Klaus

    Wenn ich das richtig verstehe, entsteht hier ein staatliches Alimentierungsystem, das es all jenen, die mehr haben als anderen, erlaubt, direkt in die Tasche der Steuerzahler zu greifen. Und das ohne jede demokratische Kontrolle. Man könnte sagen, die Bundesregierung legt eine finanztechnische Variante von Gunatanamo auf - frei von störenden Regeln und Nachfragen. Da stellt sich mir vor allem die Frage: Wer sind die neun geheimen Eichkater, die unser Geld künftig verteilen dürfen - und wo "arbeiten" sie in ein paar Jahren?

  • I
    I.Grothe

    Gleiches Recht für alle: Kredite ohne Schufa-Eintrag und ohne Zweckangabe.

  • UF
    Ullrich F.J. Mies

    Ein Parteienkomplott und ihr Regime hat die Bürgerinnen und Bürger für ihre Kollegen in der Finanzindustrie in Geiselhaft genomme, den Staat verpfände, die letzten Reste der Demokratie geschändet und zu Grabe getragen.

    Das ist der legitimationsfreie Klassenstaat in seiner reinen Form.

  • W
    winchester73

    Weil zwischen dem Artikel gerade ein Vattenfall Reklame eingeblendet war: Diese Hunderte Milliarden Euro, Dollar u.s.w., die Staaten wie die BRD für die Rettung von Finanzinstituten haben bestätigen den letzten Bericht der Internationalen Energie Agentur insofern, als darin konstatiert wurde, dass der Ausbau Erneuerbarer Energien in sehr hohem Maße keine Frage technischer oder volkswirtschaftlicher "Sachzwänge" ist, sondern eine Frage des politischen Willens.

     

    Leider geht der IAE Bericht in dieser Sache zwar nicht weit genug, aber in der Tendenz ist es richtig.

     

    Solaranlagen in Wüsten und auf Dächern, für Strom und Warmwasser, Windräder, schnellere Erforschung der Geothermie u.s.w. hätten ebenfalls solche Milliarden-Fonds verdient, um nämlich die Menschheit vor mit jedem AKW anwachsenden GAU Risiken und noch mehr Atommüll zu bewahren, ebenso wie vor einem noch weiteren Anheizen der Klimakatastrophe (auch durch Vattenfallkraftwerke).

  • V
    vic

    "...Zur Abwicklung wird eine neue "Finanzmarktstablisierungsanstalt" eingerichtet..."

    ...vermutlich mit eigenem Budget, steuerfreier Pauschale, Dienstwagen, Büro und Personalaufwand ohnegleichen.

    Und am Bürger geht das im Detail mal wieder astrein vorbei. Wie die Verlängerung der deutschen Kriegsbeteiligung, der Einsatz der Army im Innern, etc....

  • WV
    Willi Veith

    Es ist doch immer wieder förderlich, wenn man jemand kennt, der jemanden kennt, der an den richtigen Stellen sitzt. So kann man, wenn man groß genug betrügt, hintergeht, ins Bordell einlädt usw.

    tatsächlich mit Milde der Judikative rechnen. Nicht das jemand denkt, dass wäre Vetternwirtschaft, die Herrn sind nicht verwandt.

    Hauptsache, das genügend Kleinkriminelle und Handwerker da sind, die die Judikative mit aller Härte des Gesetzes strafen kann.

    Wir sind "k"eine Bananenrepublik.

  • PK
    Peter Klaus

    Wenn ich das richtig verstehe, entsteht hier ein staatliches Alimentierungsystem, das es all jenen, die mehr haben als anderen, erlaubt, direkt in die Tasche der Steuerzahler zu greifen. Und das ohne jede demokratische Kontrolle. Man könnte sagen, die Bundesregierung legt eine finanztechnische Variante von Gunatanamo auf - frei von störenden Regeln und Nachfragen. Da stellt sich mir vor allem die Frage: Wer sind die neun geheimen Eichkater, die unser Geld künftig verteilen dürfen - und wo "arbeiten" sie in ein paar Jahren?

  • I
    I.Grothe

    Gleiches Recht für alle: Kredite ohne Schufa-Eintrag und ohne Zweckangabe.

  • UF
    Ullrich F.J. Mies

    Ein Parteienkomplott und ihr Regime hat die Bürgerinnen und Bürger für ihre Kollegen in der Finanzindustrie in Geiselhaft genomme, den Staat verpfände, die letzten Reste der Demokratie geschändet und zu Grabe getragen.

    Das ist der legitimationsfreie Klassenstaat in seiner reinen Form.

  • W
    winchester73

    Weil zwischen dem Artikel gerade ein Vattenfall Reklame eingeblendet war: Diese Hunderte Milliarden Euro, Dollar u.s.w., die Staaten wie die BRD für die Rettung von Finanzinstituten haben bestätigen den letzten Bericht der Internationalen Energie Agentur insofern, als darin konstatiert wurde, dass der Ausbau Erneuerbarer Energien in sehr hohem Maße keine Frage technischer oder volkswirtschaftlicher "Sachzwänge" ist, sondern eine Frage des politischen Willens.

     

    Leider geht der IAE Bericht in dieser Sache zwar nicht weit genug, aber in der Tendenz ist es richtig.

     

    Solaranlagen in Wüsten und auf Dächern, für Strom und Warmwasser, Windräder, schnellere Erforschung der Geothermie u.s.w. hätten ebenfalls solche Milliarden-Fonds verdient, um nämlich die Menschheit vor mit jedem AKW anwachsenden GAU Risiken und noch mehr Atommüll zu bewahren, ebenso wie vor einem noch weiteren Anheizen der Klimakatastrophe (auch durch Vattenfallkraftwerke).

  • V
    vic

    "...Zur Abwicklung wird eine neue "Finanzmarktstablisierungsanstalt" eingerichtet..."

    ...vermutlich mit eigenem Budget, steuerfreier Pauschale, Dienstwagen, Büro und Personalaufwand ohnegleichen.

    Und am Bürger geht das im Detail mal wieder astrein vorbei. Wie die Verlängerung der deutschen Kriegsbeteiligung, der Einsatz der Army im Innern, etc....

  • WV
    Willi Veith

    Es ist doch immer wieder förderlich, wenn man jemand kennt, der jemanden kennt, der an den richtigen Stellen sitzt. So kann man, wenn man groß genug betrügt, hintergeht, ins Bordell einlädt usw.

    tatsächlich mit Milde der Judikative rechnen. Nicht das jemand denkt, dass wäre Vetternwirtschaft, die Herrn sind nicht verwandt.

    Hauptsache, das genügend Kleinkriminelle und Handwerker da sind, die die Judikative mit aller Härte des Gesetzes strafen kann.

    Wir sind "k"eine Bananenrepublik.

  • PK
    Peter Klaus

    Wenn ich das richtig verstehe, entsteht hier ein staatliches Alimentierungsystem, das es all jenen, die mehr haben als anderen, erlaubt, direkt in die Tasche der Steuerzahler zu greifen. Und das ohne jede demokratische Kontrolle. Man könnte sagen, die Bundesregierung legt eine finanztechnische Variante von Gunatanamo auf - frei von störenden Regeln und Nachfragen. Da stellt sich mir vor allem die Frage: Wer sind die neun geheimen Eichkater, die unser Geld künftig verteilen dürfen - und wo "arbeiten" sie in ein paar Jahren?

  • I
    I.Grothe

    Gleiches Recht für alle: Kredite ohne Schufa-Eintrag und ohne Zweckangabe.

  • UF
    Ullrich F.J. Mies

    Ein Parteienkomplott und ihr Regime hat die Bürgerinnen und Bürger für ihre Kollegen in der Finanzindustrie in Geiselhaft genomme, den Staat verpfände, die letzten Reste der Demokratie geschändet und zu Grabe getragen.

    Das ist der legitimationsfreie Klassenstaat in seiner reinen Form.

  • W
    winchester73

    Weil zwischen dem Artikel gerade ein Vattenfall Reklame eingeblendet war: Diese Hunderte Milliarden Euro, Dollar u.s.w., die Staaten wie die BRD für die Rettung von Finanzinstituten haben bestätigen den letzten Bericht der Internationalen Energie Agentur insofern, als darin konstatiert wurde, dass der Ausbau Erneuerbarer Energien in sehr hohem Maße keine Frage technischer oder volkswirtschaftlicher "Sachzwänge" ist, sondern eine Frage des politischen Willens.

     

    Leider geht der IAE Bericht in dieser Sache zwar nicht weit genug, aber in der Tendenz ist es richtig.

     

    Solaranlagen in Wüsten und auf Dächern, für Strom und Warmwasser, Windräder, schnellere Erforschung der Geothermie u.s.w. hätten ebenfalls solche Milliarden-Fonds verdient, um nämlich die Menschheit vor mit jedem AKW anwachsenden GAU Risiken und noch mehr Atommüll zu bewahren, ebenso wie vor einem noch weiteren Anheizen der Klimakatastrophe (auch durch Vattenfallkraftwerke).

  • V
    vic

    "...Zur Abwicklung wird eine neue "Finanzmarktstablisierungsanstalt" eingerichtet..."

    ...vermutlich mit eigenem Budget, steuerfreier Pauschale, Dienstwagen, Büro und Personalaufwand ohnegleichen.

    Und am Bürger geht das im Detail mal wieder astrein vorbei. Wie die Verlängerung der deutschen Kriegsbeteiligung, der Einsatz der Army im Innern, etc....