: Die Dreiklangdimension wird monoton
Die Berliner Universitäten wollen bei den Musikwissenschaften drastisch sparen. Die drei bisherigen Instiute werden auf eins zusammengeschrumpft. Professoren und Studenten fürchten um die derzeit erfolgreiche Vielfalt
Berlin gilt als Musikmetropole, in jeder Hinsicht. So lag der Umsatz der Musikbranche in Deutschland im Jahr 2000 bei 5,1 Milliarden Euro, der Berliner Anteil bei 585 Millionen. Seither stieg er, laut Umsatzsteuerstatistik, nochmals um 12,5 Prozent. Auch die Zahl der Studenten der Musikwissenschaft in Berlin nahm zu – auf derzeit 2.300.
Doch im Zuge der Sparmaßnahmen einigten sich die Präsidenten von TU, FU und HU darauf, die scheinbare Dreifachpräsenz des Fachs zu beenden – und die stadtweit acht Professuren auf zwei zu reduzieren. Sie sollen zur HU gehören, die anderen Institute abgewickelt werden.
„Kein einziges Sachargument“ kann darin FU-Musikwissenschaftler Albrecht Riethmüller erkennen: „Das ist ein Politikum.“ Denn die drei Fakultäten arbeiten bereits „arbeitsteilig“, um etwaige Doppelungen auszuschließen. So verfüge die FU mit ihrer Musikethnologie – dem Vergleich von Musik verschiedener Kulturen – ebenso über ein bundesweit einmaliges Projekt wie die HU mit ihrem Pop-Schwerpunkt. Die kritisch-wissenschaftliche Beschäftigung mit Musik würde demnach einen herben Rückschlag erleiden.
Wirklich gespart, so haben Studierende des Fachs errechnet, würde auch nicht: 1 Million Euro Einsparung stünden 4,6 Millionen Euro Verlust durch Wegfall des Länderfinanzausgleichs entgegen, wenn die Studenten in andere Städte zögen.
Etwa nach Passau. Dort studierte Adriane von Rechteren, bevor sie an die HU wechselte: „Da gab es gerade mal einen Chor und ein Orchester als praktischen Gegenstand.“ Berlin hingegen, so Profs und Studis einhellig, sei als Standort für ihr Fach optimal: Drei Opernhäuser, diverse Orchester, Ensembles, Theater, Clubs, Verlage, Medien und die Ansiedlung von Konzernen wie Sony bieten sowohl praktische Anschauung als auch Berufsbezug.
Während Mammut-Fakultäten wie Jura oder Chemie „systematisch Arbeitslose produzieren“, wie die Professorin Helga de la Motte-Haber von der TU meint, fänden Musikwissenschaftler in Berlin ein berufliches Auskommen. Der renommierte HU-Musiksoziologe Christian Kaden: „Die Musikwissenschaft ist international im Aufschwung. Es ist unsinnig, sie so zu verkleinern.“
Die Präsidenten der drei Unis halten sich derweil bedeckt. Guran Krstin, Sprecher des FU-Präsidenten, sagt kurz: „Das ist ein laufendes Verfahren.“ Bis zum Sommer falle allerdings die Entscheidung. GISELA SONNENBURG