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Die DFL legt den TV-Geld-Streit beiDie Tugend des Stillhaltens

Der FC St. Pauli zieht den Antrag zurück, einige Klubs von der Verteilung der TV-Gelder auszuschließen. Beendet ist die Debatte deswegen noch nicht.

Hielt den Ball flach: Andreas Rettig, Manager des FC St. Pauli Foto: dpa

Berlin taz | Ein großes Hauen und Stechen hat man bei der Mitgliederversammlung der Deutschen Fußball-Liga (DFL) erwartet. Und auch wenn DFL-Präsident Reinhard Rauball zu denjenigen gehört, die ihre Gefühle bestens unter Kontrolle haben, konnte er seine Freude am Mittwochnachmittag in Frankfurt kaum verhehlen, den großen Spielverderber spielen zu dürfen. Er teilte nach der Sitzung mit: „Die Mitgliederversammlung hat sich anders abgespielt, als es vielleicht die Öffentlichkeit erwartet hat.“

Hatte doch der FC St. Pauli einen schon im Vorfeld kontrovers diskutierten Antrag eingereicht, in dem die Frage der Verteilung der TV-Gelder mit der Aufweichung der 50+1-Regel verknüpft wurde. Mäzen und Konzernvereine wie Bayer Leverkusen oder die TSG Hoffenheim, die von einer Ausnahmeregelung der DFL profitieren, weil sie mehr als 50 Prozent ihrer Anteile an Investoren verkaufen dürfen, sollten künftig keine Fernsehgelder mehr erhalten, forderte der Zweitligist. In Frankfurt traten die Hamburger jedoch den Rückzug an.

In einer Stellungnahme erklärte der Verein: „Mit Blick auf die bevorstehende Ausschreibung der TV-Rechte und die Wahrung des Wettbewerbsfriedens hat sich der Klub zur Rücknahme des Antrags entschieden.“ Man habe nicht einen Verteilungskampf einläuten, sondern den 50+1-Gedanken stärken wollen. Trotz des Rückzugs müsse die Diskussion weitergeführt werden. Bei St. Pauli ist man überzeugt, dass dies im Interesse vieler anderer Vereine ist. „Erfreulich war die breite Zustimmung zum Grundgedanken des Antrags aus beiden Ligen.“

Der Ligaverband hält nicht viel von solchen Diskussionen. Schon gar nicht, wenn die Debatten öffentlich geführt werden. Sowohl Rauball als auch Christian Seifert, der DFL-Geschäftsführer, betonten, wie wichtig ein geschlossenes Bild der Liga sei, wenn man von seinen Partnern Milliardenbeträge erwartet.

Mit Blick auf die bevorstehende Ausschreibung der TV-Rechte und die Wahrung des Wettbewerbsfriedens hat sich der Klub zur Rücknahme des Antrags entschieden.

Stellungnahme von St. Pauli

Karl-Heinz Rummenigge, der Vorstandsvorsitzende des FC Bayern München, hatte den Vorstoß von St. Pauli dankbar aufgenommen, um das bestehende Konzept der zentralen TV-Vermarktung zu kritisieren. Er wies darauf hin, sein Verein sei im internationalen Maßstab nicht mehr konkurrenzfähig.

Die DFL-Funktionäre dagegen hoben die Perspektive hervor, mit dem nächsten TV-Kontrakt die italienische und spanische Liga hinter sich zu lassen. Außerdem hätten die deutschen Profiklubs in der Vergangenheit stets ihre Konsensfähigkeit unter Beweis gestellt: „Bisher ist es uns immer gelungen, einen Verteilungsschlüssel zu finden, der allen Interessen gerecht wird“, sagte Seifert. Darüber könne aber erst nach Abschluss des nächsten Vertrags im Frühjahr 2016 gesprochen werden. Erst dann wisse man überhaupt, was es zu verteilen gebe.

Die nun abgebogene Debatte wird also wieder geführt werden – nur zur Freude der DFL zu einem dann weniger geschäftsschädigenden Zeitpunkt. Seifert sagte: „Es war eine kluge und weitsichtige Entscheidung von St. Pauli, den Antrag zurückzuziehen.“ Insbesondere der FC Bayern wird die Möglichkeiten einer größeren Einzelvermarktung schon aus verhandlungsstrategischen Gründen ausloten.

Reine Alleingänge kann es sowieso nicht geben

Ein kompletter Ausstieg aus der Zentralvermarktung der DFL ist sowieso viel komplizierter, als es einige glauben machen wollen. Dieser Hinweis war Christian Seifert wichtig. Wenn ein Klub sich selbst vermarkten wolle, sagte er, müsse er sich auch mit den Rechten seiner jeweiligen Bundesligagegner und der DFL auseinandersetzen. Reine Alleingänge kann es also sowieso nicht geben. Aus dieser Not haben die großen Bundesligavereine in der Vergangenheit eine Tugend gemacht und sich als bekennendes Mitglied der Solidargemeinschaft profiliert.

Genauso wichtig wie die Beschwörung des Solidarprinzips ist aber den DFL-Funktionären die Tugend des Stillhaltens. Ligapräsident Reinhard Rauball sagte: „Wir haben empfohlen, dass sich alle Beteiligten diszipliniert äußern.“

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