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„Die Chop-Suey-Gang“, 15.Teil

■ Der taz-Sommerkrimi in 32 Folgen / Aus einem Roman von Jürgen Alberts

Dem Polizeipräsident paßte der Termin nicht, aber der Chef des Verfassungsschutzes hatte es dringend gemacht, und so konnte er nicht nein sagen.

Gleich nach der Kirche im Ratskeller, so lautete ihre Verabredung. Mantz ging die paar

Schritte über den quadratischen Platz, am Wahrzeichen der Stadt vorbei, einem Riesen in wehrhafter Rüstung, an dessen matallenen Knien spitze Stacheln waren, an denen man sich verletzen konnte. Es war das Symbol des aufrechten Widerständlers gegen die Bischöfe von Oldenburg. Mantz fand, daß sein Gesicht eher dumpf war. Aber Legenden hielten sich hartnäckig.

Der Oberkellner wies Mantz das dritte Faß an, sein Gesprächspartner sei schon erschienen.

Diese Weinfässer, die an der Längsseite des Ratskellers standen, in denen intime Geschäfte genauso wie verschwiegene Feiern stattfanden, waren Vertrauliches gewöhnt. Sogar die Bedienungen, die dort eingesetzt waren, wurden von der Geschäftsleitung ausgesucht.

Müller erhob sich leicht, als Mantz eintrat.

Sie stellten fest, daß sie den gleichen Anzug trugen, nur die Krawatten waren von unterschiedlichem Blau. Beide trugen in der Mitte das eingestickte Stadtwappen in Rot und Weiß.

„Nicht, daß Sie glauben, ich wollte hier meiner Familie entrinnen, an so einem langweiligen Sonntagmorgen, aber es muß einigen vorbesprochen werden, was keinen Aufschub duldet.“

„Ich bin ja gekommen“, sagte Mantz, der sich auf die andere Seite des ovalen Tisches setzte.

Müller lobte den Wein, den er bestellt hatte, und schenkte Mantz einen Schluck zum Probieren ein. Der Polizeipräsident verzog keine Miene, weniger weil ihm der Nahewein schmeckte, sondern weil er sofort zur Sache kommen wollte, ohne weitere Störung durch einen Kellner.

Die Tür wurde verriegelt.

„Also“, begann Müller und zog einen dünnen Hefter aus der Innentasche seines Jackets. Er strich die drei getippten Seiten glatt. „Wir werden beim Rekrutengelöbnis im Weserstadion mit einem Aufmarsch von Chaoten aus dem ganzen Land zu tun haben. Meine Mitarbeiter haben die hier den

kleinen gezeichneten

Stift

hineinkleben.

danke.

Informationen zusammengezogen, alles, was nur erreichbar war. Es hat Telefonketten gegeben, Infos, Flugblätter, so daß zumindest die ganze Umgebung informiert ist. Und was dann hier los ist, das können Sie sich vorstellen.“

Mantz nippte an dem Weinglas. Ein geschliffener Humpen mit grünem Fuß.

„Sie sagen mir nichts Neues“, erwiderte er, gab sich gelangweilt, „woher beziehen Sie denn solche genauen Kenntnisse, und was viel interessanter ist, wieso kommen Sie zu diesen Schlüssen?“

Müller wurde rot im Gesicht, was überhaupt nicht zur Farbe seines Anzugs paßte.

„Mein lieber Mantz, ich weiß ja nicht, ob sie die Verantwortung tragen wollen, aber wenn der Bundespräsident kommt, und die Spitzen aus der Hauptstadt, und wir haben hier Randale, wie das jetzt heißt, und wie es auch auf manchen Flugblättern steht. Ich meine, denken Sie an Rücktritt? “

Mantz lächelte. Was ist dieser Müller vom Verfassungsschutz doch für eine lächerliche Figur, keine Vorbildung in polizeilichen Dingen, keine realistische Einschätzung einer kommenden Lage, und schon garkeine Phantasie für Lösungen. Er war einfach ein alter Geheimdienstmann, den sie auf diesen Posten gehievt hatten, weil er rechtzeitig das richtige Parteibuch nahm.

Das richtige Parteibuch hatte Mantz allerdings auch.

„Ich denke an Rücktritt wenn die Pensionsgrenze erreicht ist“, antwortete Mantz gelassen, „und außerdem haben wir ein Konzept, wie wir die Sache einschränken können.“

Müller legte beide Arme auf die

weiße Tischdecke. „Da bin ich gespannt.“

„Ich will hier nicht die ganzen Überlegungen auspacken, da halten Sie sich lieber an den Einsatzleiter, aber soviel kann ich sagen: Wir planen die Operation zusammen mit den Kräften aus dem Umland, lassen nur Besucher ins Stadion, die auch eine gültige Eintrittskarte haben...“

„Fälschungssicher“, unterbrach ihn Müller.

„Ganz sicher. Wir werden in mehreren konzentrischen Kreisen operieren, so daß die möglichen Gewalttäter das Stadion garnicht erst erreichen, außerdem vertraut der Bürgermeister, wie er mir in einem privaten Gespräch gesagt hat“, Mantz spielte dieses intime Einverständnis mit dem Bürgermeister hoch, indem er ein wenig dazu lächelte, „auf die Genossen in der Jugendorganisation, die ja selbst zu einer Kundgebung aufgerufen haben. Das ist einerseits mißlich aus der eigenen Partei, andererseits könnte es sich als Vorteil erweisen. Sehen Sie, wir sind gerüstet.“

Müller blickte sich um, als würden sie trotz des geheimen Ortes belauscht. „Ich sage Ihnen, unsere Erkenntnisse lassen Schlimmstes befürchten...“

„Wir sind auf das Schlimmste eingerichtet“, wiegelte Mantz ab.

Er trank sein Glas leer.

Müller wollte nachschenken, aber der Polizeipräsident legte seine Hand über das feine Glas: „Keinen Schwips vor zwölf.“ Er genoß seine Überlegenheit.

„Gut, gut, wenn Sie meinen, ich habe Sie vorgewarnt, weil ich das für meine Pflicht halte, verstehen Sie...“

Müller zog an seiner Krawatte.

„Das ist auch gut so, schließlich sind wir beide für die innere Sicherheit unserer Stadt verantwortlich, und da müssen wir schon eng zusammenarbeiten, nicht wahr?“

Der Polizeipräsident genoß die Situation, endlich konnte er diesem eingebildeten Schnösel zeigen, wer die besseren Karten hatte. Fortsetzung folgt morgen

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