Die CSU nach dem S-Bahn-Mord: Unterstützung für den Wahlkampf
Die CSU weiß, dass häufigeres Anwenden des Strafrechts für Erwachsene nicht abschreckend wirkt. Auch mehr Videokameras verhindern keine Gewaltdelikte, wie US-Studien zeigen.
FREIBURG taz | Vor allem CSU-Politiker fordern nach dem S-Bahn-Mord, dass für Heranwachsende, also für 18- bis 21-jährige Täter, in der Regel das Erwachsenenstrafrecht angewandt werden soll. Im vorliegenden Fall ist dies relevant, weil einer der Schläger bereits 18 Jahre alt war (der andere war erst 17). Bei Mord werden erwachsene Täter zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt, während das Jugendgerichtsgesetz eine Höchststrafe von zehn Jahren vorsieht.
In der Praxis werden heranwachsende Täter derzeit überwiegend nach Jugendrecht verurteilt, weil meist von der kriminellen Tat auf fehlende Reife geschlossen wird. Und auch die Union will die Anwendung von Jugendrecht bei Heranwachsenden nicht generell ausschließen. Sie sei angebracht, wenn im Einzelfall "eine erhebliche Verzögerung der sittlichen und geistigen Entwicklung" besteht, heißt es in einem von unionsregierten Ländern formulierten Gesetzentwurf des Bundesrats.
Experten gehen davon aus, dass die von der Union vorgeschlagene Verschärfung des Gesetzes nicht viel ändern würde. Auch in Zukunft müsste auch in jedem Einzelfall geprüft werden, ob eine Reifeverzögerung vorliegt oder nicht. Außerdem hat das Bundesverfassungsgericht in einem Fall aus Rostock bereits festgehalten, dass auch heute schon die Anwendung von Erwachsenenstrafrecht die Regel sein soll. Die Bestrafung nach Jugendrecht habe "Ausnahmecharakter". Insofern rennt die Union offene Türen ein.
Auch die zweite Forderung der CSU zielt auf härtere Strafen. Die Höchststrafe im Jugendstrafrecht soll von 10 auf 15 Jahre angehoben werden. Diese würde sowohl für minderjährige Täter gelten als auch für Heranwachsende, die noch nach Jugendrecht verurteilt werden.
Abschreckend ist für potenzielle Täter aber vor allem die Wahrscheinlichkeit, erwischt zu werden. "Ich weiß auch, dass härtere Strafen allein solche schrecklichen Taten nicht verhindern können", räumte Bayerns Justizministerin Beate Merk (CSU) ein. Es gehe ihr aber auch um "Sühne".
Schließlich forderten Unions-Politiker eine bessere Überwachung von Bahnhöfen. "Ich fordere von der deutschen Bahn klipp und klar, dass alle S-Bahn-Stationen mit Videoüberwachungseinrichtungen ausgestattet werden", sagte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU). Die Bahn hat auf den S-Bahnhöfen das Hausrecht und kann deshalb über den Einsatz von Kameras entscheiden.
Herrmann verwies darauf, dass die Zahl der Straftaten in der Münchener U-Bahn deutlich zurückgegangen sei, als dort die flächendeckende Videoüberwachung eingeführt wurde.
US-Studien zufolge zeigen Videokameras bei Gewaltdelikten keine Wirkung. Selbst der Mordversuch an einem Münchener Rentner, der sich über rauchende Jugendliche beschwert hatte, geschah Ende 2007 unter dem Objektiv einer Videokamera. Auch bei der Aufklärung des Verbrechens war die Kamera nicht hilfreich, vielmehr konnten die Täter damals mit Hilfe der Verbindungsdaten eines Handys ermittelt werden. CHRISTIAN RATH
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