Die CDU wird persönlich: Lohse, der Fremde
Wegen angestauter Anträge für Schwertransporte wollte die CDU Senator Lohse angreifen - und thematisierte stattdessen seine Herkunft.
Es ging viel um das kleine rote Buch am Dienstag in der Bürgerschaft. Die Fraktion der CDU hatte eine aktuelle Stunde beantragt, Umwelt- und Verkehrssenator Joachim Lohse (Grüne) sollte es an den Kragen gehen. Heiko Strohmann blies für die Christdemokraten zum Angriff: Gigaliner, Umweltzone, A281, das alles seien „ungeklärte Baustellen“, so Strohmann. Vor allem aber ging es ihm um die Genehmigung von Schwerlastranporten.
Die Anträge für derlei Fahrten durchs Bremer Gebiet hatten sich in Lohses Ressort aufgestaut, 2.000 seien derzeit unbearbeitet – ein ernstes Problem für Hafenwirtschaft und Logistikunternehmen. Die CDU, die politische Arbeit auch parteiintern auf persönliche Anfeindungen zu reduzieren scheint, blieb auch in diesem Fall beim schlechten Stil: „Die Amtsführung von Senator Dr. Lohse passt nicht zu Bremen“, so der Titel ihres Antrags.
Als Beweis für die Ineffizienz von Lohses Ressort zitierte Strohmann aus dem roten Buch – nicht dem von Mao, sondern dem, das die Telefonnummern in der Behörde verzeichnet: Neun, 14, 12 Mitarbeiter in den einzelnen Referaten, 16 allein im Referat für Jagd- und Forstwirtschaft, nur 13 aber im Referat 53, das die Schwerlast-Transporte genehmige.
Bremen gehe dadurch Geld verloren, weil die Firmen ihre Tranporte in anderen Kommunen beantragen würden und dort bezahlten. Bremen, in dem 80.000 Arbeitsplätze von Häfen und Logistik abhingen, Bremen, in dem Lohse seinen „Welpenstatus verloren“ hätte.
„Wie tief kann man sinken“, antwortete Grünen-Fraktionschef Matthias Güldner. Senator Lohse, der vor 15 Monaten aus Kassel kam, seine Herkunft vorzuwerfen, sei „eine ausgemachte Frechheit“. Den Bearbeitungsstau indes sieht auch er als Problem. „Ein Zustand, der nicht geduldet werden kann“, und der bereits zu Verstimmungen mit Wirtschaftssenator Martin Günthner (SPD) geführt hatte.
Dort hatten sich die Logistik-Unternehmen über die langen Bearbeitungszeiten beschwert und bereits gedroht, ihre Güter über andere Häfen zu verschiffen: Für den Straßentransport von Gütern, die über 2,5 Meter breit sind oder über 40 Tonnen wiegen, benötigen sie eine Sondergenehmigung. Strecken, Kurven, Brückenhöhen müssen abgeklärt werden. Über 30.000 solcher Transporte laufen jedes Jahr durch Bremens Straßen.
Und: Genehmigt würden die in Referat 32, korrigierte Senator Lohse den CDU-Abgeordneten Strohmann. Drei Mitarbeiter bearbeiteten in Vollzeit regelmäßig etwa 1.400 Anträge – die Zahl sei für das Verständnis wichtig. Drei Mitarbeiter seien nacheinander erkrankt. Seit Anfang Oktober aber würde die Stelle verstärkt.
Die knappe Personallage wiederum war für den Linken-Abgeordneten Klaus-Rainer Rupp das größte Problem. „Offensichtlich sind im Bereich der Verwaltung keine Reserven mehr“, so Rupp. Seit 1993 sei über ein Viertel des Personals abgebaut worden. Überdenken sollte Lohse, ob für die Prüfung der Schwertransport-Strecken im Ressort nicht eigene Stellen geschaffen würden – bislang würde dies an exteren Dienstleister vergeben, für immerhin 270.000 Euro im Jahr.
Er verstehe nicht, so Lohse, was die CDU ihm vorwerfe. Die Straßenbahnverlängerung in Huchting, die A 281, all diese Projekte seien nach Jahren der Diskussion nun von ihm geklärt worden. In Bremen übrigens arbeite er gern: „Ich habe mich gefreut, in die Weltoffenheit einer Hansestadt zurückzukommen“, sagte er zur christdemokratischen Fremdenfeindlichkeit. Und: „Diese Art von Angriffen passt nicht zu Bremen.“
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