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Die Bundesregierung erteilt der GSG9 die Absolution

■ Bad-Kleinen-Bericht: Es war Selbstmord

Berlin (taz) – Mit einem 48 Seiten umfassenden Abschlußbericht will die Bundesregierung die Diskussion über die Staatsaffäre von Bad Kleinen beenden. Das Papier, das der taz im Entwurf vorliegt, kommt zu dem Ergebnis, daß sich der RAF-Aktivist Wolfgang Grams, verletzt auf dem Bahngleis liegend und „möglicherweise noch während der Schüsse der Beamten, in Suizidabsicht einen Kopfdurchschuß versetzte“. Obwohl keiner der 142 von der Staatsanwaltschaft Schwerin befragten ZeugInnen die Selbsttötung gesehen hat, gebe es für eine Erschießung Grams' durch einen der Zugriffsbeamten der Eliteeinheit GSG9 „keine Anhaltspunkte“. Gegenteilige Aussagen einer Kioskverkäuferin und eines am Einsatz beteiligten anonymen Zeugen seien „ohne Beweiswert“. Ausführlich widmet sich das Regierungspapier den „teils widersprüchlichen bzw. dem objektiven Geschehensablauf nicht entsprechenden Angaben“ der am direkten Zugriff auf Grams beteiligten GSG-9-Beamten. Die „Streßsituation“ habe zu „nicht immer logisch und rational nachvollziehbaren Handlungsweisen“ der Zugriffsgruppe geführt. Teilweise hätten sie „verdrängt, daß man einen der gefährlichsten Terroristen verfolgte“. Das wechselhafte Aussageverhalten, das anfangs einen „nahezu schulmäßigen Ablauf“ der Festnahmeaktion suggerierte, spreche nicht gegen die Aufrichtigkeit der Beamten, sondern „vielmehr für die Ernsthaftigkeit ihres Bemühens um die Aufklärung der genauen Abläufe“, heißt es in dem Bericht. Als Konsequenz aus dem mißglückten Einsatz in Bad Kleinen will die Bundesregierung die GSG9 in Zukunft auf Bundes- und Länderebene häufiger einsetzen und technisch weiter aufrüsten. Das durch „vorschnelle und ungeprüfte Verdächtigungen“ in den Medien angeschlagene „Vertrauen in die Integrität der GSG9“ sei nach den vorliegenden Ermittlungsergebnissen „wieder hergestellt“, versichert die Bundesregierung in der Schlußbemerkung. gero

Seiten 5 und 10

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