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Die Auffahrt runter – ganz von alleine

■ Eisglocke über Hamburg: Dauereinsatz für Polizei, Feuerwehr und Streudienste von Sonntag abend bis Montag morgen / Allzuschwere Schäden blieben allerdings aus Von Sabine May

„Wir haben zwischen 18 und 22 Uhr 158 Unfälle registriert, danach haben wir aufgehört zu zählen...“. So beschreibt Polizeisprecher Hartmut Kapp die chaotischen Verhältnisse auf Hamburgs Straßen nach dem Eisregen am Sonntagabend bis in die gestrigen Morgenstunden. Auch die Feuerwehr mußte bis gestern mittag 100 Mal ausrücken, um gestürzte Menschen mit demolierten Gliedmaßen aufzusammeln und in die Klinik zu transportieren. Feuerwehrsprecher Herbert Martens: „Alles einfache leichtere Dinge.“

Die staatlichen Löscher – ebenso wie die Stadtreinigung, die bereits tagsüber präventiv gestreut hatte - waren gut vorbereitet. Martens: „Wir haben vorsorglich alle Rettungswagen festbesetzt.“ Werden sonst die Rettungswagen in der Nachtbereitschaft von den Besatzungen der Löschfahrzeuge gefahren, waren am Sonntagabend zusätzliche Rettungssanitäter für die Krankenwagen bereitgestellt worden. Martens: „Es gab aber nichts Ernsthaftes, leichte Blechschäden, keine eingeklemmten Personen.“ Selbst der Fahrzeughalter, der gegen sein eigenes Garagentor schlitterte, kam mit den Schrecken davon. Martens: „Der Wagen ist einfach die Auffahrt runtergefahren – ganz von alleine.“

Dabei ging auf Hamburgs Straßen – besonders im Westen – alles drunter und drüber. Kaum hatte der erste Regen die Fahrbahnen in Eisbahnen verwandelt, lief vielerorts nichts mehr. In der Barmbeker Drosselstraße stellten sich Busse quer (die Hamburger Hochbahn stellte kurz darauf zeitweise den Busverkehr ein), am Alten Teichweg (Dulsberg) rutschte ein Peterwagen in ein parkendes Auto. Wenig später stellte die Polizei die Streifenfahrten ein und schlitterte nur noch zu Einsätzen.

„Sollen wir die Moorweidenstraße sperren? Uns rutschen die Autos schon rückwärts entgegen“, fragte eine genervte Streifenwagenbesatzung bei der Zentrale an. „Nein, sofort zurück zum ,Stütz' kommen“ – „Geht nicht, wir kommen hier auch nicht weg.“ Eine andere Peterwagenbesatzung bemühte sich, einen Halter ausfindig zu machen: „Der möchte mal sein Auto ein paar Meter weiterfahren, weil bereits drei Fahrzeuge hineingefahren sind.“ Andere Polizisten warteten händeringend auf die Stadtreinigung: „Fährt der Streudienst nicht im 17er Bereich?“ Der Rat eines Kollegen: „Den mußt Du entern, haben wir auch so gemacht.“

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