: „Die Angst des Mannes, unten zu liegen“
■ Schnürschuh-Theater probt ein Stück über Männergewalt / Der „Schwanz vorm Kopf“ / Premiere im Mai
„In Aufführungen nur für Männer kommt niemand,“ sagen Reinhard Lippelt und Kurt Wobbe vom Schnürschuh-Theater auf die Frage, ob sie ihre jüngste Produktion „Die Angst des Mannes, unten zu liegen“ evtl. einem ausschließlich männlichen Publikum
um die Ohren hauen würden. Und stoßen damit an ein Phänomen, das ebenso notorisch wie bundesweit ist: Es gibt in der BRD z.Z. fünf Männergruppen, die sich schwerpunktmäßig mit „Männergewalt“ beschäftigen; Therapieangebote für gewalttätige Männer
werden nicht genutzt; männliche Selbstbefassung riecht entweder schwul oder nach Rechtfertigungsansinnen. „Männergewalt“ ist Frauensache.
Nach „Püppchen“ und „Sprung in der Schüssel“ wirft das Schnürschuh-Theater jetzt einen männlichen Blick auf den Mann. Seit einem Jahr sind Lippelt und Wobbe an dem Thema, aus dem sie in Eigenregie Theater machen; auch der Text stammt von ihnen. Im Augenblick proben sie acht Stunden pro Tag, in dieser Schlußphase nutzen sie die Regiehilfe des Bremer Regisseurs Peter Schenk. Das Stück „für Jugendliche ab 16 und Erwachsene“ verzichtet auf didaktische Stringenz, besteht aber auf „Aussagen“.
Mike ist Rocker, Jugendzentrum-Nutzer und Macker in Spruch und Tat: Wenn er mit Kumpels ein Mädchen gewaltsam entkleidet, ist das „Spaß“ und keine Vergewaltigung, denn „die würde ich nicht mal mit der Zange anpacken“. Jan ist Sozpäd, Zentrumsleiter, arbeitet am Frauenbild seiner Klientel und wird privat zum „Täter“, indem er seine Freundin krankenhausreif schlägt. Horst ist Lehrbeauftragter an der Uni, Jans Freund und „männerbewegt“ („Meine Bedürfnisse sind mir heilig“). Wenn diese drei Figuren das Thema „Männergewalt“ entfalten, entsteht ein teils aggressives, teils
aber auch witziges Stück über das Elend der Normalität. Dabei sind die Figuren differenziert gezeichnet; den Sozialpädagogen in seinem hilflosen Tun dem Publikumsgelächter auszusetzen, wäre ein Leichtes gewesen. So leicht wollen die Schnürschuhler es uns aber nicht machen, das Männerelend wegzulachen.
Männer, die solche Männer spielen, schrammen oft den
Grund ihrer eigenen Betroffenheit, wenn sie z.B. einschlägige Erfahrungen haben. Ob die Gratwanderung gelingt - und ob das Stück die Hoffnungen auf heiße Diskussionen erfüllt, wird im Mai zu überprüfen sein.
Bu
Premiere: 8.Mai, Vortragssaal der Kunsthalle. PS.: „Püppchen“ gibt es nochmal am 27./28.4. in der Kassenhalle der Sparkasse am Brill. Tel.: 554793
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