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■ Die Anderen"Le Figaro" und das "NRC Handelsblatt" schreiben über die Krise um US-Präsident Clinton / Einen Zusammenhang zwischen der Affäre und der Talfahrt der Börsenkurse an der Wallstreet sieht der Mailänder "Corriere della Sera"

„Le Figaro“ kommentiert die Krise um US-Präsident Clinton: Die Franzosen werden niemals verstehen, daß ein unabhängiger Ermittler, der manisch besessene Kenneth Starr, es geschafft hat, Bill Clinton zu destabilisieren, indem er seine gesamte juristische Strategie um ein einziges Kleid herum aufbaut, das auf wundersame Weise konserviert wurde und anscheinend einige Spuren des präsidentiellen Samens aufweist. George Washington und Thomas Jefferson, wacht auf – sie sind verrückt geworden! Die Maschine ist angelaufen. Nach dem Sex nun das Geld: Das FBI hat eine Untersuchung über den Skandal zur Finanzierung des Wahlkampfes 1996 in Zweifel gezogen. Clinton ist klar bedroht. Er hat viele Trümpfe – von seiner Popularität über seine Kenntnisse und seine Kunst des Ausweichens. Doch alles ist fortan möglich – sogar, daß er besiegt wird von einem aus den Gleisen geratenen System.

Zur selben Affäre schreibt die niederländische Abendzeitung „NRC Handelsblad“: Unter den derzeitigen Umständen bleibt wenig Zeit für das, wozu der Präsident eigentlich berufen ist: regieren. Die Lewinsky-Affäre ist mehr als das Waschen schmutziger Wäsche in der Öffentlichkeit. Es geht nicht nur um die Schuld oder Unschuld des Präsidenten. Das amerikanische System hat sich durch eine ungebremste Säuberungsorgie in eine existentielle Sackgasse manövriert. Die Vereinigten Staaten können sich angesichts ihrer Position in der Welt kein angeschlagenes Staatsoberhaupt und keine gelähmte Regierung erlauben. Es wird kurzfristig ein Ausweg gefunden werden müssen.

Einen Zusammenhang zwischen der Affäre und der Talfahrt der Börsenkurse an der Wall Street sieht der Mailänder „Corriere della Sera“: Es war einer der schwärzesten Tage an der Wall Street, ein Tag fortschreitender Talfahrt der Kurse, und das trotz der häufigen Unterbrechungen des Handels. Die Krise ist durch Sexgate angefacht worden, dem Skandal um die Beziehung Monica Lewinskys zu Bill Clinton, und nach Prognosen einer Gruppe von Börsengurus wird der Dow-Jones in den kommenden Wochen noch dramatisch abfallen, vielleicht gar um die 15 Prozent. Aber hinter der Krise stehen viele Faktoren: der seit Jahren anhaltende Niedergang des Yen; die Verschärfung der Krise der asiatischen „Tigerstaaten“; der schlechte Gang an einigen europäischen Börsenplätzen, angefangen bei London und Paris; aber vor allem der Niedergang der Profite bei den großen Unternehmen der USA im zweiten Trimester dieses Jahres und die Angst, daß sich dieser Trend verschärfen könnte. Dies gilt um so mehr angesichts der neusten Daten, die eine weitere Verlangsamung des Wachstums der wirtschaftlichen Supermacht voraussagen.

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