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Die Amerikaner wissen nix

■ Anfragen bedeuten noch keine Abschlüsse/ Informationslücken und falsche Vorstellungen über Ostdeutschland/ Widrige Bedingungen können sie aber nicht abschrecken, Interesse zu bekunden

Washington. Ein amerikanisches Unternehmen interessiert sich dafür, in den Schulbuchverlag in Leipzig einzusteigen. Ein anderes hat sich bei der Deutsch-Amerikanischen Handelskammer in New York nach der Gemeinschaftsproduktion von Plastikartikeln oder auch der Übernahme eines einschlägigen ostdeutschen Betriebes erkundigt, andere über die Möglichkeit der Medikamentenproduktion. Die Anfragen bedeuten jedoch nicht, daß daraus auch Abschlüsse werden. US-Firmen, zumal der verarbeitenden Industrie, werden mit einem Engagement in Ostdeutschland weiterhin vorsichtig bleiben, glaubt Stephen Cooney, der beim Verband der Verarbeitenden Industrie (NAM) die Abteilung für internationale Investitionen leitet. Es sei einfacher, Kapazitäten in Westdeutschland und Europa auszubauen. Das Interesse amerikanischer Unternehmen an Firmenübernahmen, Kapitalbeteiligungen und Neugründungen in den neuen Bundesländern ist aber, wie der Hauptgeschäftsführer der Deutsch-Amerikanischen Handelskammer New York, Werner Walbröl, berichtet, „in letzter Zeit lebhafter“ geworden. Es gebe „40 bis 50 qualifizierte Anfragen pro Woche“, hauptsächlich von mittleren und kleinen Unternehmen aus den Branchen Chemie, Maschinenbau und Mikroelektronik. Davor hatten sich überwiegend Banken, Wirtschaftsprüfer und Beratungsfirmen gemeldet.

Die Bonner Klarstellungen zu den Eigentumsfragen und dem Anspruch auch ausländischer Firmen auf Steuerhilfen und Subventionen haben zweifellos zu gewachsenem Interesse beigetragen. Woran es noch fehlt, sind gezielte Werbung für und breitere Informationen über den Wirtschaftsstandort Ostdeutschland. Die Handelskammer kann, wie Walbröl zufrieden anmerkt, bei Anfragen nach verkäuflichen Firmen jetzt auch auf den Computer der Treuhand in Berlin zurückgreifen.

Unzureichende Informationen, aber auch der Eindruck, daß die Westdeutschen Ostdeutschland mit Beschlag belegt hätten und dagegen kaum anzukommen sei, erklären nach Ansicht des Geschäftsführers der Deutsch-Amerikanischen Gesellschaft für Handelsbeziehungen in Arlington bei Washington, Charles W. Zschock, die enttäuschend geringe Zahl von US-Investoren.

Die erst wenige Monate alte Gesellschaft, in deren Vorstand unter anderem Daimler-Benz und Lufthansa und auf US-Seite Boeing, Martin Marietta und Citibank vertreten sind, versteht sich auch als eine Art Firmenehe-Anbahnungsinstitut. Sie will amerikanische Betriebe „ermutigen, sich an der unternehmerischen Neugeburt Ostdeutschlands zu beteiligen“. In Heidelberg hat sie eine Zweigstelle eröffnet, in Magdeburg soll noch in diesem Monat eine Anlaufstelle für Kontakte und Informationen eröffnet werden. Eine wichtige Aufgabe sah Zschock in der Schulung. Die Gesellschaft bietet in Zusammenarbeit mit einer US-Universität ein Austauschprogramm für Führungskräfte an. Jochen Göbel (dpa)

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