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■ Die Affäre López ist auch eine Affäre Gerhard SchröderSchröders Kontrolle fand nicht statt

Der Konflikt zwischen VW und General Motors ist die Fortsetzung der Konkurrenz mit anderen Mitteln. Naiv wäre es, VW nur in der Rolle des Schurken und General Motors nur als wehrloses Opfer von Industriespionage zu sehen. General Motors nutzt mit Freuden aus, daß Ignacio López 1993 bei seinem Wechsel zu VW in einer Weise gegen Geheimhaltungspflichten verstieß, die offenbar auch die Darmstädter Staatsanwaltschaft für strafrechtlich relevant hält. GM will VW durch die Schadensersatzklage finanziell bluten lassen und das Image des Konkurrenten ramponieren. Moralisch sind die Akteure in diesem Drama durchaus von gleicher Qualität.

Insofern hatte Niedersachsens Ministerpräsident Gerhard Schröder in gewisser Weise recht, als er schon 1993 von einer „Kampagne“ von GM gegen VW sprach. VW-Aufsichtsrat Schröder, der für das Land Niedersachsen als größtem VW-Eigner in dem Kontrollgremium sitzt, trägt dennoch die Hauptverantwortung für die Bredoullie, in der VW steckt, seit in Detroit die GM-Klage zugelassen wurde. Schröder hat den Konflikt im Sommer 1993 angeheizt. Auf einer Aufsichtsratssitzung kritisierte er damals die zu „defensive“ Öffentlichkeitsarbeit, mit der sich der VW-Vorstand bis dahin der Vorwürfe von Opel/GM erwehrt hatte. Mit rechtspopulistischen Äußerungen machte Schröder vor, was er unter einer Offensive in dem Autokrieg verstand. Die GM-Vorwürfe wurden zum „Angriff auf den Produktionsstandort Deutschland“, die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen gegen López nannte Schröder „dubios“. Dadurch wurde der Weg zu einer gütlichen Einigung abgeschnitten, den VW heute so gern wieder öffnen möchte.

Schröder wollte 1993 seine Kontrolle als wichtigster Aufsichtsrat gegenüber dem Vorstandsgespann Piäch/López nicht ausüben. Anstatt die GM-Vorwürfe akribisch untersuchen zu lassen, lieferte Schröder fortwährend Ehrenerklärungen für die beiden. Dabei machte die von Schröder kritisierte defensive Haltung der VW-Vorstände durchaus Sinn: López hatte geheimes Material von GM mitgebracht, VW hatte Leichen im Keller. Der Grund für das Versagen des Aufsichtsrats Schröder: Ein Politiker, der sich in vorauseilendem Gehorsam immer schon als Sprachrohr bundesdeutscher Vorstandsetagen verstanden hat, der sich als Piächs Papagei jedwede Forderung von VW zu eigen machte, ist als Kontrolleur seiner Stichwortgeber schlicht ungeeignet. Jürgen Voges

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