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Die AfD will WestausdehnungBlaupause für Bremen

Nach dem Einzug in die Hamburgische Bürgerschaft träumt die AfD bereits von der Bremer Wahl im Mai.

Hamburger Wahlgewinner: AfD-Spitzenkandidat Jörn Kruse Bild: dpa

HAMBURG taz |Der erste Blick geht auf die Prognosen, der zweite nach Westen. „Jetzt peilen wir den Einzug in die Bremische Bürgerschaft an“, kündigt Bürgerschaftskandidat Dirk Nockemann an. Da ist der Einzug der Alternative für Deutschland (AfD) ins Hamburgische Rathaus noch nicht mal perfekt.

Im „Parlament“, dem Restaurant im Keller des Rathauses, steht auf der Wahlparty der AfD vielen der Sinn nach Höherem. „Wir sind in der Bürgerschaft“, freut sich Spitzenkandidat Jörn Kruse. Und das trotz „hartem Gegenwind“ von den Medien und den Linksextremen, die viele der 12.000 AfD-Plakate immer wieder zerstört hätten. Eine Aussage, die an diesem Abend ständig variiert wird. Von der „gleichgeschalteten Presse“ und der „verhätschelten Antifa“ ist die Rede.

In der AfD gilt ihr erster Wahlerfolg in den alten Bundesländern als Blaupause für ihren Aufbau West. Die Wahlanalyse zeigt, wie es gehen könnte: 71 Prozent wählten die AfD aus Enttäuschung über die anderen Parteien, nur 26 Prozent aus Überzeugung, hat das Meinungsforschungsinstitut Infratest-Dimap ermittelt. Die Wähler kamen zu fast gleichen Teilen aus der CDU, der SPD und dem Lager der Nichtwähler.

Neben dem Protest war vor allem das Thema Ausländer/Zuwanderung das wichtigste Motiv für die Wahlentscheidung: 59 Prozent der AfD-Anhänger meinen, „Hamburg hat zu viele Flüchtlinge“, und fast jeder zweite AfD-Wähler empfindet „Flüchtlinge als Problem im Alltag“.

Auch wenn Kruse immer wieder betont, dass „Hamburg Einwanderung braucht“, durchziehen ausländerfeindliche Ressentiments die Partei. Dass durch afrikanische Einwanderer Ebola eingeschleppt werde, war von AfD-Kandidaten genauso zu vernehmen, wie dass „Multi-Kulti“ den Nationalstaat zersetze.

Besonders skurril wirkt ein kurz vor der Wahl veröffentlichter Aufruf des Hamburger Landesverbandes mit dem Titel „Homosexuelle rufen zur Wahl der AfD auf“. In dem vom Vize-Landessprecher der Bremer AfD, Alexander Tassis, mitverfassten Papier werden „Islamisten und andere Feinde unserer abendländischen Werte“ zur Gefahr für die sexuelle Selbstbestimmung Homosexueller erklärt und daraus die Forderung nach einem „Einwanderungssystem mit strengen Regeln“ abgeleitet.

Besonders groß ist der Anteil der AfD-Wähler unter den Arbeitern: Jeder Neunte wählte die AfD, aber nur jeder Elfte die CDU. Hochburgen sind die traditionellen, hafennahen Arbeiterviertel im Hamburger Südwesten: In Harburg, Wilhelmsburg und im Süderelberaum – und damit in Stadtgebieten die soziostrukturell an Bremerhaven erinnern   bekam die AfD die meisten Wählerstimmen. In gut betuchten Bildungsbürgervierteln hingegen lag ihr Stimmenanteil mit unter vier Prozent am niedrigsten.  ANDREAS SPEIT/MARCO CARINI

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2 Kommentare

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  • Wie kann es bloß sein, dass mehrere Professoren von den Deutschen Universitäten eine rssistische Politik in Deutschland propagieren. Wie stehen eigentlich deren frühere Kolegen und ehemalige Studenten dazu?

     

    Mehrere Wahlversprechen der AfD sind überhaupt nicht umsetzber, da die gegen das Grundgesetz, gegen die Charta der Grundrechte der Europäischen Union und gegen mehrere Menschenrechtskonventionen verstößen.

     

    Die AfD Professoren sollten auf der folgenden Webseite etwas über Menschenrechte lesen. Vielleicht wird es einen Denkanstoß geben.

     

    http://www.lpb-bw.de/verletzungen.html

  • ...nur 26 Prozent (wählten AfD) aus Überzeugung...

     

    Vermitlich sind sehr viele früheren NPD Wähler dabei. In Hamburg könnten es 0,6% gewesen sein. Das stellt genau den Verlust der NPD in 2015 dar.