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Dialog jetzt auch in Guatemala

■ In Madrid trafen sich erstmals Regierungsvertreter und Guerillakommandanten aus Guatemala / Bisher hatte sich die christdemokratische Regierung immer geweigert, Gespräche ohne Vorbedingungen aufzunehmen

Aus Madrid Ralf Oetzel

Nach El Salvador ist jetzt auch in den Bürgerkrieg Guatemalas erste Bewegung in Richtung auf Waffenstillstandsgespräche gekommen: Die Regierung hat in der vergangenen Woche in Madrid den Dialog mit den Guerillaorganisationen des Landes begonnen, die in der „Revolutionären Nationalen Einheit Guatemalas (URNG) zusammengeschlossen sind. Für eine Überraschung sorgte die in der Vergangenheit äußerst pressescheue URNG dann noch, als sie am Rande des Treffens zur ersten Pressekonferenz in der Geschichte der guatemaltekischen Guerilla einlud und dort eine der legendärsten Gestalten der mittelamerikanischen Guerilla überhaupt auftreten ließ: Rodrigo Asturias alias „Comandante Gaspar Ilom“, den Sohn des guatemaltekischen Nobelpreisträgers für Literatur, Miguel Angel Asturias (“El Senor Presidente“). Von Mittwoch bis Freitag letzter Woche trafen sich der Vizepräsident des guatemaltekischen Kongresses, Roberto Valle, der christdemokratische Fraktionschef, Alfonso Alonso Barillas, und Guatemalas Botschafter in Madrid, Danilo Barilla, in einer Villa außerhalb Madrids mit der Delegation der URNG. Bezeichnend für die reale Macht der Militärs in Guatemala war die Teilnahme von vier Offizieren, deren Namen und Ränge geheimgehalten wurden, als „Berater“ in der Regierungsdelegation. Hatte doch das guatemaltekische Militär in der Vergangenheit wiederholt darauf hingewiesen, daß Gespräche mit der URNG nicht in Betracht kämen. Obwohl diese ersten Verhandlungen keine konkreten Ergebnisse brachten, wurde deren Verlauf von beiden Seiten als „positiv und erfolgreich“ bewertet. Weitere Gespräche werden nicht ausgeschlossen, doch ein konkreter Termin wurde nicht vereinbart, lediglich Mechanismen für zukünftige Kontakte. Laut eines nach Abschluß der Gespräche veröffentlichten gemeinsamen Dokuments beider Verhandlungspartner versprach die Regierung des christdemokratischen Präsidenten Vinicio Cerezo, einen konkreten Vorschlag der URNG zur Feuereinstellung zu untersuchen. Die Guerilla fordert entmilitarisierte Zonen zwischen Einflußregionen der URNG. Auf der Pressekonferenz präzisierte Gaspar Ilom, daß dies „keineswegs ein Aufgeben oder ein Niederlegen unserer Waffen“ bedeutet. „Auch werden wir nicht die Zonen und Gebiete, in denen die revolutionäre Bewegung ihre Operationen durchführt, verlassen.“ Obwohl die guatemaltekische Regierung peinlich darauf bedacht ist, das Wort Dialog zu vermeiden, stellt das Zustandekommen der Gespräche für die URNG einen wichtigen Erfolg dar. Bislang hatte Cerezo einen Dialog immer mit der Niederlegung der Waffen seitens der Guerilla verknüpft. Gefragt nach der realen militärischen Stärke der guatemaltekischen Guerilla gab Comandante Gaspar die Zahl der bewaffneten Kämpfer der URNG mit drei bis 3.500 an.

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