Deutschlands Aus bei der Basketball-EM: Schlotternde Knie in der Crunchtime
Vorrunde im eigenen Land und zwei NBA-Spieler in der Mannschaft: Warum hat es trotzdem nicht gereicht fürs deutsche Basketball-Nationalteam?
Drei knappe Partien, von denen die Auswahl mindestens eine hätte gewinnen müssen, um eine Chance aufs EM-Achtelfinale zu haben. Stattdessen blickte man am Donnerstagabend in der Berliner Arena am Ostbahnhof nach dem Vorrunden-Aus in traurige Gesichter. „Das ist die größte Enttäuschung in meiner Karriere“, sagte Heiko Schaffartzik nach der 76:77-Niederlage gegen Spanien. „Das ist verdammt bitter“, kommentierte Dirk Nowitzki nach seinem womöglich letzten Länderspiel, der mit 37 Jahren nicht mehr die Galavorstellungen abliefern konnte, wie noch vor einigen Jahren.
Die Führungsrolle hatte Nowitzki dem 16 Jahre jüngeren Dennis Schröder überlassen (siehe Text oben). Das klappte nicht immer. „Dennis spielt bei uns eine komplett andere Rolle, als in Atlanta bei den Hawks“, legte Bundestrainer Chris Fleming schützend die Hand über seinen mit Abstand besten Offensivspieler, der in der NBA in den entscheidenden Phasen zumeist nur auf der Bank sitzt. Dennis Schröder habe nun gesehen, wie man ein Spiel zum Schluss verwalten müsse. „Das ist das, was einen Point-Guard definiert“, sagte Chris Fleming. „Das waren ganz wichtige Erfahrungen für ihn.“
Das frühe EM-Aus am talentiertesten deutschen Basketballer seit Nowitzki festzumachen, wäre zu einfach. Letztlich scheiterte die Mannschaft an ihrer Unerfahrenheit und mangelnden Qualität bei den Bankspielern. „Es fehlte an der Athletik unter dem Korb“, klagte Nowitzki. Elias Harris (zwei Eingriffe am Finger), Maxi Kleber (Fußverletzung) und Daniel Theis (Schulter), die diese Rolle hätten ausfüllen können, hatten verletzungsbedingt abgesagt. Besonders die Absage von Theis wurmte den DBB. Der 23-jährige Flügelspieler hatte nach einer Schulteroperation für die EM gepasst, spielte in den vergangenen Tagen aber mehrere Vorbereitungsspiele für seinen Klub Bamberg.
Interessante junge Leute
Der Aderlass auf den großen Positionen setzte sich in der Sommervorbereitung fort. Maik Zirbes zog sich zwei Wochen vor Turnierstart einen Bänderriss zu. „Zirbes war unser absoluter Fels in der Brandung“, sagte Nowitzki über den bulligen Center. Coach Chris Fleming musste auch wegen kleinerer Verletzungen von Schröder, Maodo Lo oder Alex King immer wieder seine Rotation justieren und hat sie während des EM-Turniers nie wirklich gefunden. „Das Gute für den deutschen Basketball ist, dass wir eine Generation von jungen Spielern haben, die auch gemeinsam eine richtig gute Zukunft haben“, sagte Fleming.
„Wir haben super interessante junge Leute“, findet auch Dirk Nowitzki. Damit sich die Jungs weiterentwickeln „müssen sie tragende Rollen in ihren Vereinen kriegen, sie müssen Spielzeit kriegen“, forderte Nowitzki und legte damit den Finger in die Wunde. Außer Schaffartzik, Johannes Voigtmann und Anton Gavel, der nach dem Hickhack mit dem slowakischen Verband um seine Einbürgerung eine enttäuschende EM gespielt hat, kam kein EM-Nationalspieler über 20 Minuten Einsatzzeit in der Liga.
In den entscheidenden Momenten übernehmen in der Liga meistens die US-Amerikaner die Verantwortung. „Da blockieren wir uns in unserer Entwicklung selber“, bemängelte Nowitzki.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Preiserhöhung bei der Deutschen Bahn
Kein Sparpreis, dafür schlechter Service
Bis 1,30 Euro pro Kilowattstunde
Dunkelflaute lässt Strompreis explodieren
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Housing First-Bilanz in Bremen
Auch wer spuckt, darf wohnen
Ansage der Außenministerin an Verbündete
Bravo, Baerbock!
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen