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„Deutsches Waffen-Journal“Stechschritt und Ledermantel

Das „Deutsche Waffen-Journal“ richtet sich an Liebhaber von Pistole und Gewehr. Und schreibt darüber, wie man einen kritischen Journalisten einschüchtern könnte.

Für manchen ist es Liebe auf den ersten Blick. Bild: ap

Das Deutsche Waffen-Journal (DWJ) nennt sich selbst eine der „weltweit renommiertesten deutschsprachigen Fachzeitschriften“. Es ist jedenfalls eine der einschüchterndsten.

Mit einer Auflage von 37.000 gedruckten Exemplaren richtet es sich, nach eigener Auskunft, an Waffensammler, Sportschützen, Jäger und Sicherheitskräfte. Manchmal schreibt das DWJ aber auch über Politik und Medien, vor allem, wenn diese sich mit dem Waffenrecht beschäftigen.

In der Februar-Ausgabe macht sich ein DWJ-Autor Gedanken darüber, wie man am besten Journalisten einschüchtert. Wie wäre es, fragt der Autor, wenn man sich einen schwarzen Ledermantel anzöge, eine alte Dienstmütze aufsetzte und im Stechschritt in die Redaktion hereinspazierte?

Gemeint ist der Lokaljournalist Bastian Ludwig der Hessisch-Niedersächsischen Allgemeinen aus Kassel. Er hatte kritisch über eine Waffenbörse in seiner Heimatstadt berichtet, weil er dort auch Sammlerstücke aus der Nazi-Zeit gefunden hatte. Das Waffen-Journal quittierte das mit ebenjenem Stechschritt-Text, dessen Autor Ludwig noch bescheinigte, er sei schlecht ausgebildet, nicht objektiv, ein Gutmensch. Eine Grenzüberschreitung, sagt Ludwig.

„Das Deutsche Waffen-Journal lesen Waffenfreunde wie Waffenfanatiker“, sagt Roman Grafe. Der Publizist hat nach dem Amoklauf in Winnenden mit Angehörigen die Initiative „Keine Mordwaffen als Sportwaffen“ gegründet. Für ihn ist das, was das Journal schreibt, eine „Mobilisierung des Waffen-Mobs“. Der Herausgeber des Magazins, Walter Schulz, widerspricht. Seine Leserschaft aus Schützen und Jägern sei erwiesenermaßen besonders gesetzestreu.

Für Journalisten, die sich bedroht fühlen, hat er einen Tipp: Sie sollten unter Pseudonym veröffentlichen. Wer sich in der Medienwelt bewege, müsse mit Resonanz rechnen.

An Polemiken wird nicht gespart

In einem seiner Editorials betont Schulz seine journalistische „Distanz und Unabhängigkeit“. Dadurch helfe das Journal „seinen Lesern weit mehr, als wenn es sich zum Bestandteil, zur Spitze einer Bewegung machte – etwa in der Waffenrechtspolitik“. Mit Polemiken gegen Politiker spart er dennoch nicht. Bremer Landespolitiker, die sich für eine hohe Waffensteuer einsetzten, nennt er „Gesinnungstotalitaristen“, bei denen „DDR-Geister“ erwacht seien.

Über Grünen-Chefin Claudia Roth schreibt das Waffen-Journal von einem „schrillen Mundwerk und bloßer Schreckschrauben-Aura.“ So möge es den einen oder anderen geben, der sich „ganz und gar vergisst und ihr ans Leder will. Wer so viel Gift versprüht, der lebt eben gefährlich“. Für Waffenkritiker Grafe sind diese Sätze dazu geeignet, ein Attentat zu legitimieren. Für Herausgeber Schulz ist dies vielmehr eine „spitzzüngig formulierte Satire“. Roth selbst möchte dazu keine Stellung nehmen.

Anfang des Jahres hat das Deutsche Waffen-Journal eine Rüge des Presserats kassiert. In einem Kommentar setzte sich Schulz mit der Motivation eines Vaters auseinander, der seine Tochter erschossen hatte, laut Schulz „ein Zugewanderter aus dem orientalischen Raum“.

HNA-Redakteur Bastian Ludwig hat oft über Rechtsextremisten geschrieben. Drohungen kenne er deshalb bereits. Nachdem er den Artikel über ihn im Waffen-Journal entdeckt hatte, ging er zum Chefredakteur. Sie einigten sich, nicht zu reagieren. „Um nicht noch mehr Aufmerksamkeit zu schaffen.“

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10 Kommentare

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  • B
    B_Krainz

    Huhu liebe taz-Redaktion,

     

    die Berichterstattung in den Massen-/Leitmedien bezgülich legalem Waffenbesitz oder Sportschießen ist überwiegend negativ bis polemisch, angefangen von tendenziösen "Reportagen" in der ARD über sehr unsachliche Artikel im "Spiegel" bis hin zu Gastauftritten von Roman Grafe in "Süddeutscher", "FAZ" oder "Zeit".

     

    Neutral und sachlich wird meist nur in Lokalzeitungen berichtet.

     

    In diesem Zusammenhang von einem "kritischen Journalisten" zu sprechen ist doch Quatsch mit Soße, der Mann bewegt sich doch voll mit dem Mainstream des momentan propagierten Anti-Waffenbesitz-Zeitgeistes.

     

    Ich warte immer noch auf den Tag, bis sich tatsächlich mal ein wirklich kritischer Journalist hinsetzt und gerade die Aussagen des Roman Grafe und seine kreativen "Statistiken" auf ihren Wahrheitsgehalt überprüft. Das wäre gegen den Strom geschwommen und kritischer Journalismus.

     

    Aber darauf wird man leider vergebens warten, lieber kämpft man heldenhafte Kämpfe gegen die ominöse "Waffenlobby", die so "mächtig" ist, dass alle ihre Vertreter zusammen in zehn Jahren weniger "Redezeit" in den Medien bekommen, als allein ein Grafe in den letzten vier Wochen.

     

    An dieser Stelle vielen Dank, dass ihr hier im Kommentarbereich auch extrem gegensätzliche Ansichten nicht einfach wegmoderiert oder unliebsame Diskussionen unterbindet, wie das leider bei einigen anderen Portalen üblich ist.

  • E
    einfachgutdrauf

    Ich habe mir nach diesem Artikel das DWJ zum ersten mal gekauft - und finde als Sportschütze einige lehrreiche Artikel, u.a. wie die selbsternannten "Experten" gegen legale Waffenbesitzer hetzen und ohne neutral nachvollziehbare Fakten strikte Verbote fordern.

    Herr Grafe darf überall ein Verbot von legalen (!) Schusswaffen fordern, das ist medial legitim. Sportschützen, die zu ihrem Hobby stehen werden dagegen stigmatisiert.

    "Sportwaffen sind keine Mordwaffen" - sollte hingegen die öffentliche Erkenntnis werden - denn nahezu 100% alle deliktrelevanten Schusswaffen in Deutschland sind illegale Waffen.

    Liebe taz, wie wäre es denn mal mit einem Artikel in diese Richtung?

  • MK
    Michael Korn

    Na ich sehe das durchaus anders als der "Experte" Grafe.

    Der Mann hat in vielen Veranstaltungen schon gezeigt das er null Fachwissen besitzt. Ebenso wie Frau Roth mit dem Antrag der Grünen.

    Bei allen Fachleuten inkl. der GdP absolut gescheitert.

    Frau Künast hat da ein wenig mehr Wissen.

    Es gibt ja durchaus vernünftige Grüne.

    http://www.sh.gruene.de/cms/lv/dokbin/409/409055.newsletterlagnatur08.pdf

  • B
    broxx

    Äh, und?

  • K
    Karl

    Genau dieses Quantum reaktionärer Spinner hat mich bei allen Versuchen in einen Schützenverein einzutreten, immer wieder davon abgehalten...

     

    Warum sterben die eigentlich nicht aus?

     

    Den "Kritisierten" Artikel hab ich auch gelesen, da stand wirklich nichts "a la alles Nazis!" drin. Es wurde lediglich auf die problematische Attraktion von solchen Effekten hingewiesen. Sollte seriösen Sammlern und historisch Interessierten eigentlich gerade Recht sein!

     

    Glück auf!

     

    Karl

  • MK
    Martin Konrady

    Sehr geehrtes taz-team,

    ich hätte mehr Nonchalance von Ihnen erwartet, wenn ein Berufskollege sich tatsächlich erdreistet die von Ihnen oft genutzten rhetorischen Mittel mal gegen Sie einzusetzen. Meines Erachtens haben Sie ihm mit Ihrer Kritik eher mehr Publikum verschafft, und damit indirekt geholfen. Schade.

  • WM
    Will Munny

    Danke für diesen aufschlussreichen Bericht. Als Sportschütze habe ich andere Waffen-Fachzeitschriften dem DWJ immer vorgezogen, weil mir schon die Aufmachung etwas altbacken vorkam. Aber offensichtlich habe ich mich gewaltig getäuscht! Laut ihrem Bericht scheint das DWJ ein richtig gutes Fachmagazin zu sein, das sich nicht so leicht die Schreibe verbieten lässt. Noch nicht mal von Roman Nee-nich-schon-wieder-Grafe.

     

    Liebes DWJ,

    macht weiter so, ihr habt einen neuen Abonenten.

  • JH
    Jan Hubertus

    Von den 37.000 gedruckten Exemplaren werden lediglich rund 21.000 verkauft. Und das sind alles Zahlen nach eigenen Angaben, also ohne, dass diese IVW-geprüft wären.

     

    Sieht sehr danach aus, als würde man sie beim DWJ in der Außendarstellung gerne etwas aufblasen. Und offenbar produziert man auch jedes Monat fröhlich über 15.000 Exemplare für die Papiertonne.

  • L
    Linkslooser

    Tja Frau Ludwig, dass Dumme bei ihrer Auftragspolemik hier ist nur, dass 90 Prozent der Waffen in Deutschland in illegaler Hand sind, und neben dt. Rockerbanden vor allem in der von kriminellen Migranten, welche weder "Stechschritt noch Ledermantel" kennen. Lederkutte und -jacke höchstens.

    Kommen sie in der Realität an...

  • C
    chrisfre

    Bei der unterschwelligen und in den Boulevardmedien offenen Waffenempfehlung als Konfliktlösungsmittel kein Wunder.

    Im Übrigen gilt immer noch, was Klaus Theweleit dazu

    geschrieben hat in "Männerphantasien".