: Deutscher ist einziger Kandidat für IWF-Chefposten
Staatssekretär Koch-Weser bald am Ziel: Frankreich gibt Ambitionen für Spitzenposition beim Währungsfonds auf. NGOs kritisieren den Kandidaten und das Auswahlverfahren
Berlin (taz) – Der Poker um den Chefposten beim Internationalen Währungsfonds (IWF) scheint beendet. Das Kanzleramt habe positive Signale von EU-Staaten für den deutschen Kandidaten Caio Koch-Weser erhalten, sagte gestern deren Sprecherin. Frankreich habe signalisiert, dass man den Widerstand gegen Koch-Weser aufgeben wolle. Eine offizielle Bestätigung aus Paris stand allerdings noch aus. Koch-Weser ist derzeit Staatssekretär im Bundesfinanzministerium und ehemaliger Weltbankmanager.
Bei den Chefposten von Weltbank und IWF gibt es eine traditionelle Aufteilung: Den der Weltbank besetzt in der Regel ein Amerikaner, den des IWF ein Europäer. Die Bundesregierung hatte den 56-jährigen Deutsch-Brasilianer Koch-Weser auf dem vergangenen EU-Gipfel in Helsinki als Kandidaten vorgeschlagen. Der Vorschlag war von Anfang an umstritten – die USA zweifelten Koch-Wesers Kompetenz massiv an, die Franzosen, die mit Michel Camdessus 15 Jahre lang den Sessel besetzt hatten, brachten den ehemaligen Regierungschef Laurent Fabius ins Gespräch.
Von amerikanischer Seite wird befürchtet, dass Koch-Weser als ehemaliger Weltbankmanager eher darin geschult ist, langfristige Entwicklungsprobleme zu lösen als kurzfristige Finanzprobleme. Koch-Weser hatte derlei Befürchtungen wiederholt zurückgewiesen, zuletzt beim Wirtschaftsforum in Davos. Er wolle den IWF wieder auf seine Kernaufgaben zurückführen, vor allem auf die Krisenprävention im Finanzbereich, und außerdem für mehr Transparenz und Kommunikation sorgen, hatte er dort geäußert.
Im Hintergrund der US-europäischen Diskussion um die Postenbesetzung steht der Reformbedarf bei den internationalen Währungshütern und der Finanzarchitektur. Die Institution hat sich vor allem durch falsche Prognosen und Entscheidungen bei der Asien- und Russlandkrise den Ruf zugezogen, mit ihrem ureigensten Auftrag, der Sicherung des internationalen Währungs- und Finanzplatzes, nicht mehr zurechtzukommen. Als Ursache gilt die Überlastung mit sachfremden Themen wie Entwicklungshilfe.
Bei regierungsunabhängigen Organisationen (NGOs) stößt die Wahl des Deutschen auf große Skepsis. „Koch-Weser war jahrelang in leitenden Positionen bei der Weltbank tätig – und hat dort auch nicht für Transparenz gesorgt“, zweifelt Heffa Schücking von der Umweltschutzorganisation Urgewald an seinen Absichten. Koch-Weser war als Manager der Weltbank 1987 maßgeblich an deren Reorganisation beteiligt, die in der Bank eine „Bewilligungskultur“ zum Blühen brachte: Die Manager vergaben demnach jahrelang möglichst viele Kredite, um ihr persönliches Image zu heben, statt sich für qualitativ gute Projekte einzusetzen.
In einem international von NGOs wie Oxfam, Jubilee 2000 und WEED unterzeichneten Brief an die Gouverneure des IWF in den Mitgliedsländern kritisierten sie, dass schon die Kriterien für die Wahl intransparent gewesen seien, und forderten eine Öffnung für Kandidaten aus allen Ländern. Es sei nicht zu rechtfertigen, dass eine reiche Minderheit den Kopf einer Institution ernenne, die so viel Einfluss auf Entwicklungsländer habe, heißt es in dem Brief.
Maike Rademaker
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