Deutscher Top-Terrorverdächtiger: Von den USA überstellt
Monatelang hielten die USA Ahmad S. in Afghanistan gefangen. Nun sitzt er hier in U-Haft. Er soll an der afghanisch-pakistanischen Grenze auf Seiten der Islamisten gekämpft haben.
BERLIN taz | Die USA haben einen terrorverdächtigen Deutsch-Afghanen nach Ramstein überstellt. Beamte des Hamburger Landeskriminalamts nahmen Ahmad S. am Donnerstag nach der Ankunft am US-Luftwaffenstützpunkt fest. Die Bundesanwaltschaft verdächtigt ihn, Mitglied der im pakistanisch-afghanischen Grenzgebiet agierenden "Islamischen Bewegung Usbekistan" (IBU) gewesen zu sein.
Der 36-jährige Hamburger hatte im vergangenen Jahr für einige Aufregung gesorgt. Wie die taz aufdeckte, war Ahmad S. im Sommer von den USA in Afghanistan festgenommen worden und saß dann monatelang im Militärgefängnis Bagram. Dort verhörten ihn nicht nur die USA, sondern auch Beamte des Bundesnachrichtendienstes und des Verfassungsschutzes, zuerst vom 3. bis zum 6. Oktober und dann nochmals Ende November.
Die Aussagen von Ahmad S. und dem inzwischen in Hessen in U-Haft sitzenden Rami M. haben mit zu den Terrorwarnungen vom vergangenen Herbst geführt. So sollen die beiden im pakistanischen Wasiristan den angeblich hochrangigen Al-Qaida-Kader Scheich Junis al-Mauretani getroffen haben, der Freiwillige für eine große Sache gesucht haben soll. Ziel: das Finanz- und Wirtschaftssystem in den USA oder in Europa zu treffen. Was genau das bedeuten sollte, ist den Behörden bis heute ein Rätsel.
Regelmäßiger Besucher der Al-Kuds-Moschee
In Hamburg gehörte Ahmad S. zu einer Gruppe von elf Islamisten, die im Frühjahr 2009 in mehreren Grüppchen in das pakistanisch-afghanische Grenzgebiet aufbrachen. Wie aus den Akten der Ermittler hervorgeht, war die Wohnung von S. und dessen Frau in Hamburg-Rahlstedt ein regelmäßiger Treffpunkt der Gruppe. Für einen Teil der Ausreiser soll Ahmad S. dann die Flugtickets gekauft haben: One-way von Frankfurt über Doha nach Peschawar.
Schon lange vor der Ausreise nach Pakistan hatte der Verfassungsschutz Ahmad S. beobachtet. So soll er in Hamburg die berüchtigte Al-Kuds-Moschee am Steindamm besucht haben, in der einst die Attentäter vom 11. September 2001 beteten. Den zu 15 Jahren Gefängnis verurteilten Helfer der Hamburger Todespiloten Mounir al-Motassadeq besuchte Ahmad S. in der U-Haft.
Die Bundesanwaltschaft glaubt, dass Ahmad S. im pakistanisch-afghanischen Grenzgebiet nicht nur den Umgang mit Waffen und Sprengstoff lernte - sondern dort auch für die Terrortruppe IBU in den Kampf zog. Inzwischen soll der 36-Jährige angeblich von der Realität des bewaffneten Dschihad desillusioniert sein.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu
Wanted wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Gespräche in Israel über Waffenruhe
Größere Chance auf Annexion als auf Frieden
Krieg in der Ukraine
USA will Ukraine Anti-Personen-Minen liefern