Deutsche auch dabei: Archaisch gut
Kabaddi ist ein Spiel zwischen Ringen und Fangen für zwei Teams à sieben Spielerinnen. In Bangladesch findet gerade die WM der Frauen statt.
Die Schlagzeilen aus Bangladesch drehen sich vor allem um Politik. Doch in den vergangenen Tagen rückte der Sport ins Rampenlicht: Denn in der Hauptstadt Dhaka fand die 2. Kabaddi-Weltmeisterschaft der Frauen statt. Das Turnier, ausgetragen vom 17. bis 24. November, markierte nicht nur das Ende einer 13-jährigen Pause, sondern auch einen Meilenstein für den Sport. Kabaddi, eine Mischung aus Fangen und Ringen, bei der zwei Teams (mit sieben Personen) gegeneinander antreten, ist vor allem in Süd- und Vorderasien populär.
Vor Turnierbeginn wurde es dann doch kurzzeitig politisch: Bangladeschs Interimsregierungschef Muhammad Yunus begrüßte die Spielerinnen und enthüllte den Siegerpokal. Das Eröffnungsspiel gewann mit Heimvorteil im Rücken Bangladesch vergangenen Montag im Shaheed-Suhrawardy-Stadion gegen Uganda mit 42:22. Auch im Vorrundenspiel gegen Thailand siegte das Team mit 40:31 und sicherte sich so den Einzug ins Halbfinale – und die erste Medaille in dieser Disziplin. Sportberater Asif Mahmud Shojib Bhuiyan betonte, man wolle den Sportlerinnen gezielt Chancen eröffnen, die ihnen bisher fehlten.
Doch Bangladesch steht ein starker Gegner gegenüber: Titelverteidiger Indien, der 2012 bei der Heim-WM in Patna triumphierte. Damals traten 16 Teams an. Dieses Jahr sind es elf. Wohl wegen der angespannten Lage in Bangladesch sagten Argentinien, die Niederlande, Südkorea und Japan ihre Teilnahme ab. Das Land befindet sich derzeit noch im Umbruch: Im August 2024 wurde die langjährige Premierministerin gestürzt und für im Februar stehen Neuwahlen an. Die T20-Cricket-Weltmeisterschaft 2024 der Frauen wurde deshalb in die Vereinigten Arabischen Emirate verlegt. Immerhin, die Kabaddi-WM konnte stattfinden.
Die Absagen zeigen jedoch, dass Frauen-Kabaddi international noch im Aufbau steckt. Der Sport, der vor etwa 4.000 Jahren im Süden Indiens entstand, wirkt archaisch, ist aber nach Cricket die zweitbeliebteste Disziplin in Indien – und ähnlich populär in Bangladesch. Indien und Iran dominieren traditionell, doch Taiwan hat in den letzten Jahren aufgeholt. Seit 1990 gehört Kabaddi auch zu den Medaillensportarten der Asienspiele, bei Olympia war es erstmals 1936.
Deutschland verlor
Die diesjährige WM ist die erste, die außerhalb Indiens stattfindet. Eine weitere Premiere: Erstmals nahm ein deutsches Team teil. Die Mannschaft, die mit neun Spielerinnen aus Frankfurt anreiste, gilt als Amateurteam. In Deutschland ist Kabaddi kaum bekannt. Überraschend war aber, dass nur wenige Spielerinnen des deutschen Teams – im Gegensatz zu den Trainern – aus der südasiatischen Diaspora stammen. Am Dienstag verlor Deutschland sein erstes Spiel gegen Bangladesch. Am Donnerstag folgten Niederlagen gegen Uganda und Indien, das mit seiner Intensität beeindruckte. Am Freitag schied das Team nach einer weiteren Niederlage gegen Thailand aus. Niedergeschlagen wirkten die Spielerinnen nicht: „Wir haben viel von den anderen Teams gelernt“, sagten sie der taz.
Deutschland spielte in Gruppe A mit Indien, Bangladesch, Thailand und Uganda – eine schwere Auslosung. In Gruppe B traten Iran, Taiwan, Nepal, Polen, Sansibar und Kenia gegeneinander an.
Dass die WM überhaupt in Bangladesch stattfand, ist bemerkenswert. Ursprünglich sollte sie im indischen Bihar ausgetragen werden, dann in Hyderabad. Nach mehreren Verschiebungen wurde Dhaka zum Austragungsort. Auch kulturell gewinnt Kabaddi an Sichtbarkeit: Im Oktober veröffentlichte Netflix den indischen Kabaddi-Film „Bison Kaalamaadan“, der überraschend erfolgreich war und zeigt, wie emotional aufgeladen der Volkssport in Südasien ist.
Am Montag steht in Dhaka das Finale an. Am Sonntag trat Indien als Favorit gegen den Iran an, während Bangladesch gegen Taiwan spielte und vom historischen Titel träumt. Ein Sieg wäre für die Gastgeberinnen mehr als sportlicher Erfolg: ein Zeichen der Stärke nach Monaten der Krise. Und für Deutschland? Vielleicht ist es der Anfang einer Geschichte, in der ein jahrtausendealter Volkssport eine neue Heimat findet.
Gemeinsam für freie Presse
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Alle Artikel stellen wir frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade in diesen Zeiten müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass kritischer, unabhängiger Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert