Deutsche Staatsbürgerschaft: Doppelpass nicht nur für Kinder
Einwandererkinder müssen sich mit 23 Jahren entscheiden, welchen Pass sie behalten wollen. Blöder Kompromiss, sagt die SPD. Und jetzt?
Das Kind muss in Deutschland geboren sein, der Vater oder die Mutter muss mindestens acht Jahre in Deutschland leben und eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis haben. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, bekommt es von Geburt an einen deutschen Pass und kann gleichzeitig noch eine andere Staatsangehörigkeit haben. Zwischen dem 18. und dem 23. Geburtstag muss es sich für einen Staat entscheiden.
So funktioniert das Optionsmodell, das die damalige rot-grüne Koalition vor acht Jahren beschloss. Es gilt erst für Kinder ab dem Jahrgang 1990. Deshalb können sich jetzt, 18 Jahre später, 3.316 Kinder entscheiden. Aus diesem Anlass ist eine neue Diskussion aufgekommen, ob das Optionsmodell sinnvoll ist.
Während die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Maria Böhmer (CDU), die Regelung verteidigt, ist Dieter Wiefelspütz vom Koalitionspartner SPD anderer Meinung. "Eine Totgeburt" sei das Modell, sagt der innenpolitische Sprecher der Sozialdemokraten. Als vor acht Jahren das Staatsangehörigkeitsrecht verändert wurde, war das Optionsmodell ein Kompromiss zwischen Rot-Grün und Union, die damals im Bundesrat die Mehrheit hatte. Wiefelspütz gesteht, dass die damalige rot-grüne Regierung dem Optionsmodell der Union nur aus einer Not heraus zugestimmt habe. "Nach acht Jahren werden wir nun eingeholt", sagt Wiefelspütz. Das Modell sei menschlich nicht in Ordnung, weil sich das Kind gegen einen Elternteil entscheiden müsse. Daher verlangt er, die doppelte Staatsangehörigkeit bei Einwandererkindern für deren ganzes Leben zuzulassen.
Der Chef des Innenausschusses im Bundestag, Sebastian Edathy (SPD), fordert die Union auf, ihre Haltung in dieser Frage aufzugeben und die Mehrstaatlichkeit zuzulassen. Schließlich sei die Mehrstaatlichkeit kein Ausnahmefall in Deutschland: "Die Mehrheit der Ausländer lebt hier mit zwei Pässen." Auch verwaltungstechnisch sei das vorgestellt Optionsmodell gar nicht machbar: "Wir haben nicht alle Adressen von jungen Menschen", sagt Edathy, um sie anzuschreiben und sie auf die Optionspflicht hinzuweisen.
Kritik am Optionsmodell kommt aber nicht nur von der SPD. Astrid Wallrabenstein, Rechtsprofessorin an der Universität Bielefeld, sagt: "Das alte Prinzip der Vermeidung von Mehrstaatlichkeit sollte überdacht werden." Ein Argument gegen die Doppelstaatlichkeit ist, dass es schwierig wird, wenn jemand in seinem einen Staat wehrpflichtig ist, sein anderer Staat es jedoch verbietet, einer anderen Armee anzugehören. Dieses Problem werde heute durch Abkommen zwischen den Staaten gelöst, sagt Wallrabenstein, und sei damit praktisch nicht mehr relevant.
SPD-Politiker Wiefelspütz sagt, im Bundestag gebe es eigentlich eine Mehrheit gegen das Optionsmodell. Neben der SPD kritisierten es FDP, Linke und Grüne. Er glaube aber nicht, dass in dieser Wahlperiode etwas geändert werde. "Die damalige Gesetzgebung schießt sich selbst ins Knie und muss jetzt erst mal mit ihren Fehlern leben."
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