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Deutsche Sondereinsätze in AfghanistanBundeswehr lässt Bomben werfen

Bei Operationen der Task Force 47 wurde gezielt bombardiert, gibt die Bundesregierung zu. Der Grüne Ströbele wirft der Bundeswehr vor, sich "wissentlich an gezielten Tötungen" zu beteiligen.

Tanklastwagen in Afghanistan nach dem Einsatz von "Wirkmitteln gegen Ziele am Boden". Bild: ap

BERLIN taz | Die Bundesregierung hat zugegeben, dass bei Operationen der deutschen Sondereinheit Task Force 47 in Afghanistan gezielt Bomben abgeworfen wurden. "In zwei Fällen haben die beteiligten Luftfahrzeuge dabei auch Wirkmittel gegen Ziele am Boden eingesetzt", schreibt die Bundesregierung in einer Antwort vom 8. September auf eine Kleine Anfrage der Bundestagsfraktion der Grünen, die der taz vorliegt.

Zudem räumt sie ein, dass afghanische Sicherheitskräfte "im Rahmen von Operationen, bei deren Durchführung sie von der Task Force 47 unterstützt wurden, über 50 Personen zumindest vorübergehend in Gewahrsam genommen" haben.

Weiter schreibt die Bundesregierung, US-Spezialkräften würden Zielpersonen bekannt gegeben, die anschließend "unter Einsatz tödlich wirkender Gewalt" verfolgt werden. Es sei "nicht auszuschließen, dass Erkenntnisse der Bundeswehr bei Operationen gegen Zielpersonen in Afghanistan, die nicht unter der Isaf-Kommandostruktur durchgeführt werden, herangezogen werden".

An direkten "Capture or Kill"-Operationen ("fangen oder töten") der US-Spezialkräfte sei die Bundeswehr jedoch nicht beteiligt gewesen, heißt es. "Weder an der Vorbereitung noch an der Planung noch an der Durchführung von national durch die USA geführten Operationen", wie die Bundesregierung betont. Dies liege daran, dass eine Zusammenarbeit der Spezialkräfte der USA im Süden und der Bundeswehr im Norden Afghanistans nicht stattfinde.

Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Hans-Christian Ströbele sagte, die Bundeswehr beteilige sich "wissentlich an gezielten Tötungen". Dies sei "ein Verstoß gegen Grundgesetz, Völkerrecht und die Menschenrechtskonvention", so Ströbele.

Die deutsche Sondereinheit Task Force 47 war im Sommer in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt, als die Internet-Plattform Wikileaks mehrere Zehntausend Geheimdokumente über den Afghanistaneinsatz veröffentlicht hat. Die Sondereinheit besteht aus rund 120 Soldaten, die Terroristen verfolgen sollen. Dies tun sie in der Regel, ohne der üblichen Kommandokette zu unterliegen. Unklar ist, inwiefern die Task Force 47 mit US-amerikanischen Sondereinheiten zusammenarbeitet. Im Gegensatz zu den Aussagen der Bundesregierung halten Experten eine Zusammenarbeit für denkbar.

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5 Kommentare

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  • B
    bernard

    Langsam ekele ich mich vor unserer Justiz und den Staatsanwaltschaften. Das ist kein Staat des Rechts in der die absichtliche Tötung von Kindern keine Konsequenz hat.

  • G
    gemor

    Ich frage mich, was ein Soldat, der tödlich gegen seinen Feind vorgehen soll, ansonsten zu tun hat? Und daß die Taliban als "Feind" deklariert sind, war ja schon vorher klar und auch o.k. Die Amerikaner sind nun noch viel schneller und effektiver (wie grade in der Presse nachzulesen war) mit gezielten Tötungesabsichten bei Talibananführern; die Bundeswehr musste sich da ja immer schön im Hintergrund halten und mit den Fahrzeugen die Minen suchen und finden... also, was soll der Kommentar?

  • J
    Jens

    Ich weis gar nicht, was die Grünen am Jammern sind.

     

    Krieg wird schon länger geführt.

     

    Der Verdacht des Mordes an Afghanen im Sinne unserer Gesetze (die leider leider auch für unsere tapferen Bundeswehrsoldaten gelten sollten - falls Deutschland denn ein Rechtsstaat wäre) besteht nicht erst durch die Kumpanei mit den gezielten NATO-Tötungen (=Mord). Man denke nur an unseren sauberen Oberst Klein, der vorsätzlich und heimtückisch (weil aus großer Höhe und für die Opfer nicht erkenntlich) mehr als 100 Menschen hat morden lassen.

     

    Und dies hat noch nicht einmal zu einem Ermittlungsverfahren seitens der deutschen Strafverfolgungsbehörden geführt, was den wackeren Herren Ströbele aber bis dato nicht interessiert.

  • GL
    Gerhard Lange

    "Hört auf, meine Leute zu töten".

    Interview mit der afghanischen Friedensaktivistin Malalai Dschoja

     

    "..die USA und die Nato lügen oft, wenn sie

    Unschuldige töten, und sie hindern auch die Medien

    daran, über zivile Opfer zu berichten. In entlegenen

    Teilen des Landes - wo es keine Medien gibt, die

    darüber berichten könnten, so dass keine Notiz davon

    genommen wird -, gibt es die meisten zivilen Opfer.

    In vielen Fällen (veröffentlicht) die Nato, wenn es

    zu Toten kommt, Statements, in denen es heißt: Viele

    Aufständische wurden getötet. Doch wenn man ersucht,

    von den Menschen vor Ort etwas zu erfahren, findet

    man heraus, dass in Wirklichkeit Frauen und Kinder -

    und nicht Aufständische - getötet wurden."

    http://zmag.de/artikel/interview-mit-der-afghanischen-friedensaktivistin-malalai-dschoja-joya

     

    Dieser brutale Krieg kostet dem deutschen

    Steuerzahler 36 Milliarden Euro.

     

    Wie das Manager-Magazin vom 27.05.2010 auf seiner Homepage berichtet, belaufen sich die Kriegskosten

    für Deutschland auf etwa 36 Milliarden Euro für

    den Krieg am Hindukusch, wenn ab 2013 mit dem Abzug

    deutscher Truppen begonnen wird.

     

    http://www.manager-magazin.de/unternehmen/artikel/0,2828,697021-2,00.html

     

    Afghanistan: So teuer ist der Einsatz

    http://www.manager-magazin.de/fotostrecke/fotostrecke-54964.html

     

    Dieses Geld fehlt im Sozialhaushalt oder könnte zur

    Ankurbelung der Binnennachfrage eingesetzt werden.

    Wie viel Arbeitsplätze könnten mit diesem Geld

    geschaffen werden? Wie viel Schulen saniert oder

    Kindergartenplätze geschaffen werden? Auch die

    Krankenkassenbeiträge müßten nicht erhöht werden.

     

    Die Politiker in Berlin sollten eigentlich dem Wohle

    des deutschen Volkes dienen. Was sie hier treiben,

    dürfte wohl eher das Gegenteil sein.

  • V
    vic

    "In zwei Fällen haben die beteiligten Luftfahrzeuge dabei auch Wirkmittel gegen Ziele am Boden eingesetzt"

     

    Luftfahrzeuge - Wirkmittel - Ziele am Boden.

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