Deutsche Solarfabriken am Boden: "Mal eben ein paar Milliarden verbrannt"

Wegen reduzierten Fördergeldern werden 16 größere Solaranlagen gestrichen. Deutsche Unternehmen könnten zu billigen Übernahme-Kandidaten werden.

"Beste Exportpolitik für China": Die Solarvergütung in Deutschland soll um ein Sechstel gesenkt werden. Bild: ap

Die Solarpolitik der schwarz-gelben Regierung zeigt erste Wirkungen: Nach der angekündigten Streichung der Umlage für Freianlagen sagte die Stadt Cottbus ihre im Dezember beschlossene 142 Hektar große Anlage ab. Auch in Rheinland-Pfalz wurden laut Umweltministerium 15 Freianlagen gestrichen.

Nach dem schwarz-gelben Zusammenstreichen der Solarumlage herrscht in der ganzen Branche Katerstimmung. Die Börse schickte die Solarwerte in dieser Woche auf Allzeit-Tiefststände. Q-Cells, lange einer der größten Solarkonzerne der Welt, hat in den letzten zwei Jahren rund 92 Prozent seines Werts verloren. "Die Ankündigung der Politik hat mal eben ein paar Milliarden verbrannt", urteilt Wolfgang Seeliger, Analyst der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW).

Deutsche Solarkonzerne seien damit zu billigen Übernahmekandidaten geworden, was wirtschaftspolitischer Wahnsinn sei: "Zwanzig Jahre ist hierzulande geforscht worden. Jetzt, wo man Rendite machen könnte, überlässt man das den Chinesen", so der Analyst. Tatsächlich könnten China oder Malaysia wegen niedrigerer Löhne billiger produzieren und so - anders als deutsche Hersteller - den von der Politik vorgegebenen Minderungspfad beschreiten. Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) betreibe beste Exportpolitik für China und schade der deutschen Volkswirtschaft, so Seeliger.

Nachdem die Solarvergütung bereits zum Jahreswechsel um 10 Prozent gesunken war, wollen Union und FDP sie ab Juli dieses Jahres um weitere 16 Prozent vermindern.

Andere Analysten urteilen ähnlich. Die WestLB erwartet, dass der Markt in diesem Jahr um 8 Prozent schrumpft. "Eine ganze Branche, die jahrelang mit Subventionen in Milliardenhöhe aufgepäppelt worden ist, steht vor dem Kollaps", urteilt Gerhard Heinrich, Analyst bei Emfis. Und Josef Auer, Analyst der Deutschen Bank, sagt: "Den deutschen Fertigern wird ein Kostensenkungsprogramm aufgelegt, das sie nur durch Entlassungen, Konzentration und Verlagerung der Produktion ins Ausland werden meistern können."

Ähnliches war in Spanien geschehen, als dort eine Absenkung der Tarife und eine Förderobergrenze angekündigt wurde. Das hatte wie zuletzt in Deutschland zu einem wahren Investitionsboom geführt: Spanien war plötzlich der wichtigste Solarmarkt der Welt. Zumindest bis die Förderung 2009 gekappt wurde. Seitdem ist der Markt praktisch tot, aktuell wird kaum ein Zehntel des einstigen Investitionsvolumens erreicht. Auch deutsche Firmen wie Q-Cells oder Solon rutschten deshalb 2009 tief in die roten Zahlen.

Damit das in Deutschland nicht auch so kommt, plant Rheinland-Pfalz eine Bundesratsinitiative. "Betroffen ist eine Wachstumsbranche mit 55.000 Beschäftigten", begründet Umweltministerin Margit Conrad (SPD). Eigene Gesetzesinitiative oder Anrufung des Vermittlungsausschusses? Derzeit werde geprüft, welcher Weg am erfolgreichsten sein kann.

Erfolg könnte die Initiative haben, weil auch CDU-geführte Länder und die FDP gegen die neuen Fördersätze sind. "Der Kompromiss wird für die sächsische Solarindustrie nur schwer zu verkraften sein", sagt Sachsens Wirtschaftsminister Sven Morlok (FDP). Auch Brandenburgs Umweltministerin Anita Tack (Linke) signalisiert Interesse.

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