Deutsche Migrationspolitik: Engere Zusammenarbeit mit Ägypten
Merkel bespricht sich mit dem ägyptischen Präsidenten al-Sisi, um Schleuserkriminalität und neue Fluchtrouten zu verhindern. Die Opposition kritisiert die Gespräche.

Merkel will die nordafrikanischen Staaten als Partner in der Migrationspolitik gewinnen, um die Zahl der über das Mittelmeer kommenden Flüchtlinge zu verringern. Ein Schwerpunkt der Beratungen in Kairo war die Lage in Ägyptens instabilem Nachbarland Libyen, das vielen Migranten als Ausgangspunkt für ihre Fahrt Richtung EU dient.
Merkel sagte al-Sisi bei einer gemeinsamen Pressekonferenz Hilfe bei der Sicherung der langen Grenze zu Libyen und der Überwachung der ägyptischen Küste zu. „Wir haben eine konkrete Zusammenarbeit vereinbart.“ Deutschland sei bereit, technische Unterstützung zu leisten.
Es müsse verhindert werden, dass eine neue Fluchtroute über Ägypten etabliert werde, erklärte Merkel. Zudem kündigte sie Unterstützung für die Flüchtlinge in Ägypten an. Das Land habe allein aus Syrien 500.000 Flüchtlinge aufgenommen und noch weitaus mehr Menschen aus anderen afrikanischen Ländern wie dem Sudan. „Deshalb haben wir eine gemeinsame Aufgabe, das Schicksal der Flüchtlinge zu verbessern“, sagte Merkel.
Visa-Liberalisierungen und Freihandelsabkommen winken
Am Freitag reist die Kanzlerin, die von einer Unternehmerdelegation begleitet wird, nach Tunesien weiter. In Tunis will sie mit Regierungschef Youssef Chahed und Staatschef Béji Caid Essebsi ebenfalls über Migrations- und Sicherheitsfragen sprechen.
Wie die Zeitung Die Welt unter Berufung auf EU-Diplomaten berichtete, hat Merkel bei ihrer Nordafrikareise „konkrete Angebote“ im Gepäck. Während mit Tunesien über eine Visa-Liberalisierung und ein Freihandelsabkommen mit der EU diskutiert werden solle, gehe es im Fall von Ägypten neben einer Visa-Liberalisierung für Geschäftsleute und Studenten vor allem um Finanzhilfen für die wirtschaftliche und soziale Entwicklung im Land.
Die flüchtlingspolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Luise Amtsberg, kritisierte die Pläne für eine enge Zusammenarbeit mit Ägypten. Die Kanzlerin müsse ihren Ägypten-Besuch zum Anlass nehmen, „der Regierung al-Sisi gegenüber deutliche Worte zu finden zur menschenrechtlichen Lage im Land“.
Auch Amnesty International forderte Merkel auf, öffentlich zur Menschenrechtslage in Ägypten Stellung zu nehmen. „Zivilgesellschaft, Medien und die politische Opposition leiden zunehmend unter staatlichen Repressionen“, kritisierte der Ägypten-Experte der Menschenrechtsorganisation, René Wildangel.
Propaganda für einen Diktator?
Merkel sagte in Kairo, sie habe das umstrittene NGO-Gesetz angesprochen, das unter anderem dazu geführt hatte, dass die Konrad-Adenauer-Stiftung ihre Arbeit in Ägypten einstellen musste. Sie habe betont, dass „Rechtsstaatlichkeit und eine vielfältige Zivilgesellschaft für die gute Entwicklung eines Landes von großer Bedeutung“ seien. Die rechtliche Situation politischer Stiftungen in Ägypten solle in einem neuen Abkommen geregelt werden, kündigte Merkel an.
Der Linken-Bundestagsabgeordnete Jan van Aken warf Merkel vor, mit Präsident al-Sisi einen „Diktator“ zu treffen, „der sein Volk mit brutalster Gewalt unterdrückt“. Mit ihrer Reise mache Merkel „Propaganda für diesen Diktator – nur damit er uns ein paar Flüchtlinge vom Hals hält. Ich finde das widerlich“, sagte der außenpolitische Sprecher der Linksfraktion im ZDF.
Die Vorsitzende der deutsch-ägyptischen Parlamentariergruppe im Bundestag, die CDU-Abgeordnete Karin Maag, wies die Kritik zurück. Von „einem Kniefall“ vor al-Sisi könne keine Rede sein, sagte Maag im SWR. Es gehe darum, in den Gesprächen Verbesserungen für die Menschen zu erreichen.
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