Deutsche Firma beliefert Simbabwes Machthaber: Mugabes Schmierstoff aus München
Mit dem Geld des Regimes in Simbabwe werden Korruption, Waffen und folternde Milizionäre finanziert. Die Scheine stammen aus Deutschland.
Jugendmilizionäre, die in Simbabwe im Auftrag von Präsident Robert Mugabe Angst und Schrecken verbreiten, gehören zu den wenigen, die in dem bankrotten Land noch bezahlt werden. Für Massenvertreibungen und Einsatz in Folterlagern bekommen sie Geld, das aus Deutschland stammt: Das Münchner Unternehmen "Giesecke und Devrient" liefert unablässig frische Scheine nach Simbabwe.
"Noch vor zwei Wochen ist ein Flugzeug in Harare gelandet, das mehr als 400.000 Bögen Spezialpapier von Giesecke und Devrient für Banknoten an Bord hatte", weiß ein simbabwischer Journalist. Dass Mugabes Geld aus Deutschland kommt, ist in Simbabwe hinter vorgehaltener Hand weithin bekannt. Zwei Angestellte der Zentralbank bestätigen, dass die Lieferungen einmal wöchentlich aus Johannesburg kommen. Das können sie mit Eingangsquittungen belegen.
Die Lieferungen, so bezeugen die Angestellten der Zentralbank, kommen über Johannesburg. Mit South African Airways, einer international renommierten Fluglinie für Werttransporte, braucht das auf Frachtlisten nur als "VAL" (Valuable für Wertgegenstand) ausgewiesene Spezialpapier nicht mehr als 13 Stunden, bis es von München über die südafrikanische Metropole in Harare landet. Die mit Wasserzeichen und Sicherheitsstreifen ausgestatteten Papierbögen werden vom Flugfeld im Polizeikonvoi zur Staatsdruckerei am Rand der simbabwischen Hauptstadt gebracht. Dort wird aus dem Papier per Aufdruck von immer mehr Nullen Geld gemacht - oder das, was man in Simbabwe Geld nennt.
Denn Simbabwe ist ein Land mit einer wertlosen Währung. Die Inflation wird auf zwei Millionen Prozent geschätzt, die Zentralbank hat gerade den 75-Milliarden-Schein eingeführt - noch vor drei Monaten waren 10-Millionen-Scheine im Umlauf. 75 Milliarden Simbabwe-Dollar sind auf dem Schwarzmarkt etwa vier Euro wert.
Für Gorden Moyo von der oppositionsnahen Organisation "Bulawayo Agenda" ist das Geld aus Deutschland Mugabes wichtigste Waffe. "Ohne die ständigen Lieferungen aus München wäre die Terrorkampagne längst zusammen gebrochen," sagt er. Denn das frisch gedruckte Geld ist Schmiergeld für die Regimetreuen und Kapital für das Regime. Angestellte der Zentralbank tragen die frisch gedruckten Scheine auf den Schwarzmarkt, um damit Dollar und Euro zu kaufen. "Damit schmiert die Regierung weitere Anhänger und kauft Waffen oder Munition."
Der stete Geldfluss ermöglicht es den wirklich Mächtigen zudem, ansonsten unerschwingliche Luxusgüter auf Kosten der Staatskasse zu kaufen. Denn Simbabwe hat drei verschiedene Wechselkurse. Auf dem Schwarzmarkt ist ein US-Dollar 12 Milliarden Zim-Dollar wert und ein Euro 18 Milliarden. Den Schwarzmarkt nutzen Normalbürger, beispielsweise um Studiengebühren für ihre Kinder im Ausland oder nur im Ausland erhältliche Medikamente bezahlen zu können, oder für Visagebühren zur Ausreise in die USA, Großbritannien oder Südafrika. Simbabwische Unternehmen, die Devisen für Auslandsgeschäfte brauchen, können einen etwas günstigeren Interbankkurs benutzen, aber hier werden die Devisen von der Zentralbank zugeteilt, so dass viele Geschäftsleute doch auf den Schwarzmarkt angewiesen sind. Und schließlich gibt es einen komplett surrealen staatlich festgesetzten Wechselkurs, demzufolge ein US-Dollar 30.000 Zim-Dollar wert ist und ein Euro etwa 50.000 Simbabwe-Dollar.
Dieser "offizielle" Kurs ist es, der Simbabwes Elite ein flottes Leben ermöglicht. Wer als Einreisender nach Simbabwe zu diesem Kurs die einheimische Währung erwirbt, müsste für den Gegenwert eines Brotes (derzeit 3,5 Milliarden Zim-Dollar) 70.000 Euro hinblättern. Umgekehrt ist der 75-Milliarden-Schein - auf dem Schwarzmarkt knapp vier Euro - nach diesem Wechselkurs 1,5 Millionen Euro wert.
So konnte vor wenigen Monaten ein verdienter Politiker, der zu den wenigen gehört, die Zim-Dollar zum "offiziellen" Kurs tauschen können, eine 100.000 Euro teure Luxuskarosse für weniger als ein Zehntel Euro-Cent erwerben, weil er in Zim-Dollar zum "offiziellen" Kurs zahlte.
Selbstredend stehen solche Geschäfte nur denjenigen offen, die als unverzichtbare Stützen des Regimes gelten. Regierungsangehörige und die Präsidentenfamilie nutzen diesen Wechselkurs auf Auslandsreisen. Die Differenz zwischen den Wechselkursen übernimmt die Zentralbank, weshalb sie kein Geld für die Wirtschaft mehr hat.
Dass durch solche Machenschaften die Inflation weiter angeheizt wird, stört die Herrschenden nicht. Ist das Geld nichts mehr wert, wird das Papier aus München einfach mit noch höheren Ziffern bedruckt. Die Ersparnisse der meisten Simbabwer sind unterdessen schon lange wertlos geworden. Kein Wunder, dass Giesecke und Devrient (Jahresumsatz 2007: 1,5 Milliarden Euro) sich von Mugabe in Devisen bezahlen lässt. 500.000 Euro sollen pro Lieferung fließen.
Giesecke und Devrient will die Lieferungen weder bestätigen noch dementieren. "Mit der Produktion von Banknoten nehmen wir eine hoheitliche Aufgabe wahr und dürfen zu einzelnen Kundenbeziehungen keine Stellung nehmen", erklärt Unternehmenssprecher Heiko Witzke. "Customer Intimacy" nennt das die PR-Abteilung.
Anrüchig mag der Mugabe-Deal sein, illegal ist er nicht. "Es gibt keine europäischen Handelssanktionen gegen Simbabwe", erklärt der zuständige EU-Sprecher François Head. Einzig Waffen dürfen europäische Unternehmen nicht nach Simbabwe liefern.
Doch eigentlich müsste die Führung von Giesecke und Devrient die Geschäfte mit Mugabe von sich aus einstellen, jedenfalls dann, wenn sie den hauseigenen "Verhaltenskodex" (laut Vorwort der "ethische Handlungsrahmen" des Unternehmens) ernst nimmt. Darin heißt es gleich zu Beginn unter der Überschrift Menschenrechte: "Wir achten die persönliche Würde... und die Persönlichkeitsrechte jedes einzelnen." Dass die Geldlieferungen für Mugabe dem entgegen stehen, scheint offensichtlich. Doch Unternehmenssprecher Witzke sieht das anders: "Wir halten uns an die Bewertung der Völkergemeinschaft und alle Vorgaben und Regeln, die es von nationaler und internationaler Seite gibt." Soll heißen: Ohne Handelssanktionen wird weiter deutsches Geld für Mugabe fließen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Gewalt an Frauen
Ein Femizid ist ein Femizid und bleibt ein Femizid
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag
Twitter-Ersatz Bluesky
Toxic Positivity